Solidarität mit der VVN-BdA Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes

Solidarität mit der VVN-BdA – antifaschistische Strukturen erkämpfen und
erhalten!

Liebe Aktive in der VVN-BdA,
wir solidarisieren uns uneingeschränkt mit eurer nunmehr 72jährigen,
antifaschistischen Arbeit!
Den aktuellen Versuch durch die SPD-geführte Berliner Finanzbehörde,
euch durch Entzug der Gemeinnützigkeit die Handlungsfähigkeit zu nehmen,
verurteilen wir als widerlich und unmittelbaren Angriff auf eine freie
Gesellschaft. Der auch drei Jahre rückwirkend vorgesehene Entzug der
Gemeinnützigkeit muss Schulden für euren Verein bedeuten, die ihr aus
euren Mitteln nicht aufbringen könnt. Nebeneinander betrachtet:
Politischen Parteien wird für jeden gespendeten Euro noch ein weiterer
ausgezahlt, einem Zusammenschluss von Verfolgten des Naziregimes wird
die Gemeinnützigkeit aberkannt mit dem Argument, die Arbeit sei zu
politisch. Vor diesem Hintergrund hat das Vorgehen von Behörde und
Politik gegen euch unzweifelhaft die Intention, die VVN-BdA vollends zu
zerstören. Dies ist gefährlich und eine Schande für das Land, das den
Hitler-Faschismus hervorgebracht hat!
Wir haben Hochachtung davor, dass sich nach der Befreiung vom
Nationalsozialismus überlebende Widerstandskämpferinnen und Gegnerinnen des NS-Regimes zusammengeschlossen haben, um ein
Wiedererstarken von völkisch-nationalistischen Bestrebungen zu
verhindern. Seitdem seid Ihr als VVN-BdA eine unermüdliche,
aufklärerische und warnende Stimme! Mit eurer Arbeit habt ihr dafür
gesorgt , dass die Verbrechen des Nazi-Regimes nicht in Vergessenheit
geraten sind, u.a. durch den Einsatz für die Errichtung von
Gedenkstätten und Erinnerungsorten und vielfache Zeitzeug*innenarbeit.
Unter dem Eindruck der zerstörerischen Geschichte tretet ihr bis heute
für die Vision einer antifaschistischen Zukunft ein. Wir sehen in eurer
Vereinigung eine unerlässliche Instanz und Stimme, die unsere
Gesellschaft ermahnt, die Geschichte nicht zu wiederholen.
Die Entscheidung der Finanzbehörde bezieht sich auf den bayerischen
Verfassungsbericht, der jegliche antifaschistische, politische Arbeit
als „linksextremistisch“ verurteilt. Wir stellen uns gegen die
Extremismusdoktrin, die linke Gesellschaftskritik mit rechtsradikalem
Gedankengut und Handeln gleichgesetzt und dazu geschaffen wurde, um
linken, emanzipatorischen Gruppen und Organisationen die Arbeit auf
allen Ebenen zu erschweren bzw. unmöglich zu machen.
In einer Zeit, in der die Rechte in der BRD durch Hilfe von
Verfassungsschützern mehr und mehr erstarkt , neofaschistische
Strukturen, Terror und Mord über V-Leute finanziert wird und offen
faschistische Strömungen als AFD in die Parlamente einziehen, ist eure
antifaschistische Arbeit nicht nur legitim, sondern im Interesse eines
dauerhaft friedlichen Zusammenlebens ohne Naziverbrecher auch notwendig.

Gemeinsam wissen wir, dass wir uns im antifaschistischen Engagement
letztlich auf den Staat nicht verlassen können. Damals in der jungen BRD
nicht, als viele wichtige Positionen in Politik, Justiz, Militär,
Polizei, Schulen usw. von ehem. NSDAP-, SS- oder SA-Mitgliedern besetzt
wurden. Auch heute nicht, wo z.B. die Inlandsgeheimdienste
neonazistische Strukturen stärken und schützen.
Dennoch sollten wir mit emanzipatorischer Perspektive erkämpfte
staatliche Errungenschaften, aber auch Spielräume nicht aufgeben. Und
sei es die Möglichkeit, sich als gemeinnütziger Verein zu organisieren.
Es gibt zahlreiche Organisationen, Projekte und Initiativen, die auf
verschiedenen Ebenen unerlässliche antifaschistische Arbeit machen –
einige davon in rechtsstaatlicher Form. Nur durch ein solidarisches
Miteinander kann es gelingen, immer wieder aufkommende
rechtspopulistische und faschistische Einflüsse und Gewalttaten zurück
zu drängen.

In unserem Hausprojekt OM10 leben geflüchtete und nicht-geflüchtete
Menschen zusammen, es gibt Veranstaltungsräume für Vernetzung und
Aktion, die von verschiedenen Göttinger Gruppen und Initiativen genutzt
werden. Auch wir haben u.a. einen gemeinnützigen Verein. Er unterstützt
Geflüchtete dabei, einen guten und sicheren Ort zum Wohnen und Leben bei
uns zu haben. In Göttingen gibt es vielfältige Strukturen. So stellt
sich seit Jahrzehnten das starke „Bündnis gegen Rechts“ den rechten
Aufmärschen entgegen, verurteilt Übergriffe durch Nazis, leistet
Aufklärung und bietet Unterstützung auch im Umland. Dieses Bündnis lebt
von seiner Vielfalt – und auch hier sind einige Akteur*innen
rechtsstaatlich organisiert.
Wenn nun euch als VVN-BdA die Gemeinnützigkeit entzogen und der Druck
auf euch erhöht wird, so sind damit zweifelsfrei auch alle
antifaschistischen Bewegungen in Deutschland gemeint. Denn ein Entscheid
dieser politischen Tragweite ist nicht zufällig geschehen. Sollten die
Berliner Landes-, aber auch Bundesregierung nicht sofort diesen weiteren
Angriff auf linke, antifaschistische Strukturen zurücknehmen, ist dies
ein weiteres unmissverständliches Zeichen, dass wir uns in einer wieder
einmal neuen Phase der Auseinandersetzung um die Zukunft einer
emanzipatorischen Gesellschaft befinden.

Wir setzen auf solidarisches Miteinander und eine konsequent
emanzipatorische Perspektive!
Wir fordern, dass der Entzug der Gemeinnützigkeit der VVN-BdA sofort
rückgängig gemacht wird! Antifaschistische Arbeit ist Pflicht für eine
demokratische Gesellschaft und darf nicht kriminalisiert werden!
Nie wieder Deutschland, nie wieder Krieg! Für einen starken und
entschlossenen Antifaschismus!

Göttingen, 03.12.19
Our House OM10


Our House OM10
web: omzehn.noblogs.org
Email: om10@riseup.net
PGP-Fingerprint: 8DA4 6326 4B97 E43F E486 74FB 6379 32F0 C4D4 DE7D