Demonstration in Hanau: „Erinnerung – Gerechtigkeit – Aufklärung – Konsequenzen!“:

Gemeinsame Zuganreise zur Demo „Erinnerung – Gerechtigkeit – Aufklärung
– Konsequenzen!“ in Hanau:

wir treffen uns am Samstag, den 22.08, um 9.oo Uhr vor dem Göttinger
Bahnhof und nehmen den Zug um 9.14 von Gleis 5 (und sind dann um kurz
nach 13.oo Uhr in Hanau).

Hier der Aufruf aus Hanau:

Am 19. August wird es sechs Monate her sein, dass ein Rassist mit seinen
tödlichen Schüssen unsere Herzen gebrochen und unsere Leben, unsere
Familien und unsere Stadt zerrüttet hat. Wir alle werden niemals so
leben wie zuvor und nichts und niemand kann wiedergutmachen, was
geschehen ist. Niemand kann Ferhat, Fatih, Gökhan, Kaloyan, Mercedes,
Vili, Nesar, Hamza und Sedat ins Leben zurückrufen.
Wir, die Angehörigen der Opfer; die Überlebenden und Betroffenen; das
Institut für Toleranz und Zivilcourage – 19. Februar Hanau e.V. und die
Initiative 19. Februar Hanau rufen gemeinsam zur Demonstration und zum
Gedenken auf: In Hanau am 22.8.2020, dem Samstag nach dem 19. August.
Wir erfahren nach und nach, was vor dem 19. Februar passierte, welche
Warnungen nicht ernst genommen wurden und dass viele Polizisten – vor
allem in Kesselstadt – seit Jahren lieber unsere Kinder und Freunde
schikanieren, statt ihrer Pflicht nachzukommen, Nazis die Waffen
wegzunehmen und für die Sicherheit für jeden zu sorgen. Ja, wir
erfahren, dass sich hier niemand um den Schutz von jungen Menschen
sorgt, die eine Migrationsgeschichte haben.
Wir recherchieren und ermitteln selbst. Jeden Tag. Wir rekonstruieren
nicht nur die Tatnacht, sondern auch die Jahre davor und finden immer
mehr behördliches Versagen. Offene Fragen werden nicht beantwortet und
wir erleben die blinden Flecken im sogenannten sozialen Rechtsstaat.
Wir kämpfen seit jenem Tag. Und wir werden nicht aufhören. Denn in den
letzten 5 Monaten wurde viel versprochen und wenig geliefert. Wir lassen
uns nicht stumm stellen und wir geben uns mit Beileidsbekundungen und
warmen Worten nicht zufrieden. Der Rassismus ist nicht verschwunden, nur
weil Politiker dieses Mal das Problem nicht mit Schweigen, sondern mit
Reden unter den Teppich gekehrt haben.
Unsere Frage an die Politik und die Behörden: Worauf wartet ihr
eigentlich, wenn nicht auf den nächsten Anschlag?
Heutzutage ist es bereits ein Erfolg, dass die Tat als das anerkannt
wird, was sie war: Purer Rassismus. Kein verwirrter Einzeltäter. Wie
viele Hinterbliebene mussten selbst Jahrzehnte um diese Benennung
kämpfen! Doch das reicht uns nicht. Wir wollen Taten sehen. Wir wollen,
dass Hanau keine Station von vielen ist, sondern die Endstation. Wir
sagen ein halbes Jahr danach: Es muss sich endlich nicht nur etwas,
sondern vieles in diesem Land ändern.

Wir fordern eine lückenlose Aufklärung der Tat des 19. Februar 2020.

Warum wurden diese Morde nicht verhindert? Wir fordern Antworten auf
unsere Fragen und dass diejenigen Beamten, die nicht nur in der
Tatnacht, sondern all die Jahre davor bereits versagt und die
Warnsignale ignoriert haben, beim Namen genannt und zur Rechenschaft
gezogen werden.

Wir fordern politische Konsequenzen.

Die Verschärfung des Waffengesetzes ändert nichts, wenn es immer noch
Beamte gibt, die ihrem Job nicht nachkommen und Rassisten die
Waffenscheine ausstellen. Wir fordern eine Entnazifizierung des
Bundestags, der Behörden und Institutionen und die Entwaffnung aller
Rassisten in diesem Land.
Wir fordern den Rücktritt des Hessischen Innenministers Beuth, dem das
Versagen der Behörden vor, während und nach dem 19. Februar 2020 bewusst
und bekannt war, und der es bis heute immer noch schön redet.
Wir fordern den Rücktritt aller Verantwortlichen, die lebensbedrohliche
Informationen und Warnsignale für jede Form von terroristischen
Anschlägen ignorieren oder verschweigen.

Wir fordern Gerechtigkeit und Unterstützung.

Dass das Leid der Familien ernst genommen wird. Dass durch Taten und
nicht nur Worte oder Kränze gezeigt, ja bewiesen wird, dass dieser
Anschlag und dass Rassismus und Rechtsextremismus in diesem Land nicht
geduldet, toleriert und akzeptiert werden.
Dass alles Erdenkliche dafür getan wird, den Familien weitere Sorgen zu
ersparen und ihnen ihren zerrütteten Alltag und ihre Zukunft zu
erleichtern, so gut es geht – psychosozial und finanziell.

Wir fordern ein angemessenes Erinnern.

Ein Denkmal an unsere neun Verlorenen – zentral – sichtbar und vor allem
spürbar für alle. Die Thematisierung des rechtsextremen Attentats des

  1. Februar 2020 und die Aufrechterhaltung der Erinnerung an sie in
    allen Bildungsinstitutionen.
    Wir haben uns ein Versprechen gegeben: Nie zu vergessen und nie zu
    vergeben. Solange nicht lückenlos aufgeklärt wird, solange nicht endlich
    Konsequenzen gezogen werden und es Gerechtigkeit gibt, solange werden
    wir nicht aufhören zu kämpfen. Denn wer sich mit Hanau angelegt hat, hat
    sich mit der falschen Stadt angelegt. Wir werden keine Ruhe geben.

Hanau am 19. Juli 2020

Weitere Infos unter:
https://19feb-hanau.org/2020/07/19/sechs-monate/
https://www.youtube.com/watch?v=ARWUy4nFIHs&feature=youtu.be