CommemorAction

Zum Gedenken an die Toten des Europäischen Grenzregime

Donnerstag 06. Februar 25 um 16:30 Uhr

Am Gänseliesel, Göttingen

Liebe antirassistische und antifaschistische Menschen!

In vielen Orten Europas sowie Nord- und Westafrikas finden dezentrale Gedenkaktionen für getötete und verschwundene Geflüchtete rund um den 6. Februar statt: „CommemorActions“.
Wir werden auch in Göttingen den Tag einmal mehr zum Anlass nehmen, auf die Straße zu kommen und auf die rassistische mörderische Politik Europas aufmerksam zu machen. Wir wollen der Opfer gedenken, das ohnmächtige Schweigen überwinden, die Täter:innen benennen und Gerechtigkeit fordern!
Ob in der Wüste, auf dem Meer, oder an Zäunen, jedes Jahr sterben viele tausende Menschen an und vor Europas Außengrenzen auf der Suche nach Schutz und nach menschenwürdigen Lebensbedingungen. Diese Tode sind keine Naturkatastrophen oder bloße Unfälle sondern von europäischen Täter:innen und außereuropäischen Mittäter:innen begangene Verbrechen.
In Deutschland ist eine große Koalition von SPD, Grünen, FDP, CDU/CSU, AFD und BSW dafür verantwortlich, dass diese Verbrechen künftig noch in größerem Umfang stattfinden werden. Das von ihnen getragene GEAS (Gemeinsames Europäisches Asylsystem) wird ab seinem Inkrafttreten die allermeisten Geflüchteten bereits vom Zugang zur Inanspruchnahme von Schutzrechten in Europa ausschließen. Die aktuell geplanten Gesetzesverschärfungen gehen über die bereits beschlossene Verrechtlichung der weitgehenden Entrechtung geflüchteter Menschen noch hinaus. Wir empfinden als zutiefst widerwärtig nicht nur nur den Versuch von CDU/CSU gemeinsam mit der AFD den Übergang zu einer sich neu herauskristallisierenden autoritären bzw. faschismusähnlichen Staatsordnung zu forcieren, sondern auch schon den flüchtlingsfeindlichen Rassismus von SPD, Grünen, FDP und BSW, der diesen Versuch überhaupt erst möglich machte.

Im Zeitalter der nicht nur die Menschheit bedrohenden Klimakrise versuchen die Herrschenden besonders in den Ländern des globalen Nordens ihre Macht, ihren Reichtum und die von ihnen weltweit beanspruchten Ressourcen so lange es geht mit militärischen Machtmitteln und sorgsam gepflegtem Rassismus abzusichern.
Die Wirtschaftspolitik bleibt ausgerichtet auf immer mehr „Wachstum“, womit entgegen des Märchens vom grünen Kapitalismus die Klimakrise immer mehr beschleunigt wird. Die Anti-Migrationspolitik der EU, die schon jetzt zehntausende Menschen jährlich das Leben kostet, ist dabei vor allem auf die immer brutalere Abschottung gegenüber den zukünftig zu erwartenden Opfern des Verlustes der Ernährungsgrundlagen gerichtet.
Dass die derzeitige öffentliche Diskussion dabei die Verbrechen einzelner Migrant:innen derart in den Fokus rückt, aber die Verbrechen der kapitalistischen Ausbeutungsordnung weltweit und deren Opfer systematisch ausblendet, ist kein Zufall sondern hat System. Statt den Reichtum nach unten umzuverteilen, werden bei wachsender Verarmung und zunehmender Entsicherung von Existenzgrundlagen der meisten Menschen auch hierzulande immer größere Ausgaben in Waffen gesteckt. Dabei findet das Sterben in weit überwiegendem Ausmaß im globalen Süden statt (Sudan, Irak, Afghanistan, Palästina, Libyen, …), während die Profiteur:innen im globalen Norden sich abzuschotten versuchen durch Überwachungstechnologien, die Aufrüstung von Frontex und dreckige Deals mit unsicheren Drittstaaten (Türkei, Tunesien, Libyen, Ägypten, Libanon, …) .
Die verbreitete Empathielosigkeit gegenüber den unter anderem vor den Kriegen geflohenen Menschen zeigt sich nicht nur in den von rechtsextremer Propaganda dominierten pseudo-sozialen Netzwerken sondern zuletzt besonders deutlich auch in den etablierten Medien, in denen die Stimmen der Hauptbetroffenen der rassistischen Mobilisierungen nicht zu Wort kommen.

Am 06. Februar 2014 verübten spanische Sicherheitskräfte in Kooperation mit marokkanischen Sicherheitskräften ein Massaker an Geflüchteten an einer europäischen Außengrenze. Damals starben mindestens 15 Geflüchtete bei dem Versuch das EU-Gebiet zu erreichen, weil spanische Grenzschützer bei Tarajal/Ceuta mit Gummimunition auf die im Wasser schwimmenden Menschen schossen.

Dieses Massaker war letztlich der Anlass für Angehörige und Freund:innen der Opfer zum öffentlichen Gedenken und zu Protest aufzurufen – nicht nur für die Ermordeten des 06.02.2014 sondern im Gedenken an die Opfer der mörderischen Grenzregime weltweit. Dieser Gedenk-/Aktionstag, die CommemorAction, wurde in den letzten Jahren in vielen Orten Europas und Nord- sowie Westafrikas begangen. Hier kamen und kommen Angehörige, Freund:innen und Überlebende mit Aktivist:innen zusammen, trauern gemeinsam und fordern Bewegungsfreiheit für alle und Gerechtigkeit.

Aus unserer solidarischen Praxis mit Geflüchteten heraus wissen wir, dass es den meisten Überlebenden praktisch unmöglich ist, in der Öffentlichkeit Zeugnis davon abzulegen, was sie erleiden mussten auf dem Weg nach hier. Wir laden dennoch hiermit alle Betroffenen, Angehörige und Freund:innen ein, wenn sie möchten im Rahmen der Kundgebung am Gänseliesel davon zu berichten. Redebeiträge von solidarischen Aktivist:innen sind willkommen; kontaktiert uns im Vorfeld oder sprecht uns möglichst vor Beginn der Kundgebung an.

CommemorAction, 06. Februar 2025, 16.30 Uhr Am Markt, Gänseliesel (Kundgebung)

Niemals Vergessen!
Niemals Vergeben!
Bewegungsfreiheit für alle!
Kampf dem Faschismus an jedem Ort!

Bündnis für offene Grenzen, Göttingen

Der internationale Aufruf zur CommemorAction ist in den Sprachen eng/fra/ita/esp hier zu finden:


https://migreurop.org/article3331.html?lang_article=en
Zu Mobilisierungen an anderen Orten um den 06.02.25:


2024: https://commemoraction.net/photos-and-videos/2024-feb6/
2023: https://missingattheborders.org/en/news/2023/commemorazione-eventi

https://migreurop.org/article3331.html?lang_article=en