Regionale Wahlerfolge der AfD in Ostdeutschland:
Ausdruck und Ausgangspunkt einer autoritären Formierung
Das ist ein historischer Sieg“, erklärte Björn Höcke unmittelbar nach Bekanntgabe der ersten Wahlergebnisse in Sachsen und Thüringen. Er hatte nicht ganz Unrecht. In Thüringen steigerte die AfD ihr Ergebnis um 9,4 % und wurde mit 32,8 % führende Kraft. In Sachsen legte sie um 3 % zu und platzierte sich mit 30,6 % knapp hinter der CDU. Diese Ergebnisse liegen in etwa auf dem Niveau der Nazis bei der letzten Reichstagswahl 1932, was dem ehemaligen Geschichtsprofessor Höcke, der sich vor Gericht sogar offiziell als Faschisten bezeichnen lässt, durchaus bewusst ist.
Die üblichen Erklärungsversuche, die den Zuwachs der AfD-Stimmen auf ein reines Protestvotum zurückführten, halten nicht mehr stand. Alle Studien zu Wahlergebnissen gehen davon aus, dass die AfD wiederholt und aus Überzeugung gewählt wurde. Hervorzuheben ist der hohe Stimmenanteil bei Jugendlichen (38 %) und Arbeitnehmern (49 %). Mit 38 % erhielt die AfD bei den Männern mehr Zuspruch als bei den Frauen (27 %). Dieses Ergebnis ist zum Teil das Ergebnis einer jahrzehntelangen Arbeit zum Aufbau faschistischer Kräfte in den ostdeutschen Bundesländern, in deren Verlauf vielerorts die rechte Hegemonie erkämpft wurde. Dies wird militante Nazi-Kräfte weiterhin zu gewalttätigen Angriffen ermutigen, wie wir kürzlich bei den „Pride-Märschen“ in mehreren ostdeutschen Städten gesehen haben. Queere Menschen geraten zunehmend ins Visier der extremen Rechten. Ebenso sind Angriffe und Pogrome gegen Flüchtlingsunterkünfte angesichts des verschärften rassistischen Klimas möglich und sogar wahrscheinlich.
Besonders scharfsinnige Strategen hegen seit langem die Hoffnung, dass das vermeintlich „linkskonservative“ Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) der AfD durch die Kombination nationalistischer Friedensrhetorik und „kritischer“ Positionen in der Einwanderungspolitik Stimmen entziehen könnte. Diese Idee erwies sich am Tag nach der Europawahl als Illusion. Zwar konnte der BSW einen kleinen Teil der AfD-Wähler für sich gewinnen, doch die Mehrheit der Stimmen des BSW rekrutierte sich aus der Wählerschaft der Linken. Diese Offenheit gegenüber autoritären nationalistischen Positionen innerhalb der eigenen Wählerbasis wurde offensichtlich unterschätzt, auch innerhalb des Apparats der Linkspartei. Dass die Linke bis heute existiert und erhalten bleibt, erklärt sich einerseits aus der Schwäche realer sozialer Bewegungen, andererseits aus den Besonderheiten Ostdeutschlands, wo eine gewisse Verbundenheit mit der ehemaligen Demokratischen Republik Deutschland (in Deutschland) bestehen bleibt Solidarität mit der UdSSR). Sein Kalkül und seine ursprüngliche Funktion zielten stets darauf ab, mögliches Protestpotential (insbesondere in Ostdeutschland) auf die parlamentarische Ebene zu kanalisieren, um es in Regierungsbeteiligung umzuwandeln. Bei den jüngsten Wahlniederlagen spielten die Folgen der von der Linkspartei unterstützten Sozialabbaupolitik eine wesentliche Rolle. Die Partei Die Linke ist noch nicht ganz am Ende, aber bis auf weiteres scheint sie ihre Rolle gespielt zu haben.
Was den BSW betrifft, so ist es offensichtlich, dass er weiterhin offenkundig reaktionären und nationalistischen Positionen zuneigt. Das zeigt insbesondere die jüngste Hetzrede von Sahra Wagenknecht gegen die Sozialminima-Empfänger. Es bleibt abzuwarten, ob und inwieweit der BSW seine aktuellen Wahlerfolge, die sich vor allem aus den Stimmen älterer Wähler speisen, festigen und ausbauen kann. Unklar ist auch, inwieweit sich der BSW weiterhin als Parlamentspartei mit einer derzeit sehr klaren Mitglieder- und Funktionärsbasis und einer auf eine Person zugeschnittenen autoritären Parteistruktur etablieren kann. Angesichts einer möglichen Regierungsbeteiligung des BSW auf Landesebene und der damit sehr wahrscheinlichen daraus resultierenden Ernüchterung könnte sich das BSW-Projekt schnell als feuchter Schlagabtausch entpuppen.
In diesem Zusammenhang sprüht die AfD vor Zuversicht und legt ihre letzten Hemmungen ab. Ihr faschistischer Kern kommt immer deutlicher zum Vorschein. Dies zeigt insbesondere der in Brandenburg gestellte Antrag, Flüchtlingen den Zutritt zu öffentlichen Demonstrationen zu verbieten oder die Regenbogenfahne im öffentlichen Raum zu verbieten. Die AfD ist in ihrer jetzigen Phase noch keine durch und durch faschistische Partei. Doch mit seiner Strategie der gezielten Provokation wird er zunehmend zum Gefäß und parlamentarischen Sprecher der Faschisten, deren reaktionärste Positionen über seine sozialen Netzwerke täglich in immer größere Kreise der Gesellschaft eindringen. Was noch vor wenigen Jahren in neuen rechten Kreisen als Fantasie ungesunder Gewalt galt, wird immer mehr zur alltäglichen Realität.
Die Regierungsparteien schließen weiterhin jede Möglichkeit einer Regierungskoalition mit der AfD aus, die die AfD propagandistisch ausnutzt, um sich als Opfer und Verteidigerin der großen schweigenden Mehrheit darzustellen. Die vorgeschlagene Blockade gegen die AfD wurde nicht einfach zunichte gemacht. Im Gegenteil: Sie wurde auf lokaler politischer Ebene bis zum Zusammenbruch ausgehöhlt, was die Führer der Regierungsparteien, insbesondere der CDU, unter Druck setzt. Die sogenannte „Schussmauer“ gegen die AfD war schon immer nicht mehr und nicht weniger als eine demokratische Farce, die darauf abzielte, die Verabschiedung rassistischer Notstandsgesetze als pragmatische Notwendigkeit darzustellen. Wir haben bereits Anfang des Jahres darüber geschrieben:
„Die Barriere gegen die extreme Rechte“, über die wir so viel sprechen, erweist sich (…) selbst als Widerspruch. Während wir uns in Worten gegen die AfD positionieren, setzen wir gleichzeitig die Verschärfung der Asylgesetze, die Stärkung des Polizei- und Sicherheitsapparats und damit die Umsetzung zentraler Programmpunkte der AfD fort. Besonders zynische Politiker begründen dies damit, dass sie die AfD verharmlosen und ihr den Boden unter den Füßen entziehen wollen. Doch in Wirklichkeit wurde die AfD nur aufgewertet und gestärkt. Er befindet sich immer noch in der äußerst komfortablen Situation, seine Forderungen weiterhin vertreten zu können, sie akzentuieren zu können und sich als besonders konsequenter Vertreter einer autoritären Lösung der Krise präsentieren zu können.
Das Irrenhaus der Demokratie: die Einwanderungsdebatte
Diese Entwicklung geht weiter. Seit dem mutmaßlichen islamistischen Anschlag in Solingen erleben wir eine regelrechte rassistische Eskalation seitens der Regierung und der Opposition: Die Leistungen und Mittel für Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen müssen gekürzt, Grenzkontrollen ausgebaut, „Ankerzentren“ (d. h. (Abschiebehafteinrichtungen) für Flüchtlinge müssen ausgebaut werden, Abschiebungen müssen schneller und rigoroser umgesetzt werden usw. Kurz vor den Wahlen in Sachsen und Thüringen wurden erstmals seit der Machtübernahme der Taliban vor drei Jahren „abschiebbare Straftäter“ nach Afghanistan zurückgeschickt, wo ihnen schwere Menschenrechtsverletzungen drohen. Dieser Entscheidung gingen Verhandlungen mit dem katarischen Regime und anderen „Schlüsselmächten in der Region“ voraus. Ein Vorgang, der vor nicht allzu langer Zeit noch undenkbar erschien und einen klaren Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention darstellt. Bundeskanzler Olaf Scholz wertete diese Aktion als „klares Zeichen“ und „großen Erfolg“, von dem die AfD bei der Wahl letztlich profitieren konnte. Mittlerweile werden immer mehr Stimmen laut, die direkte Gespräche mit dem Assad-Regime in Syrien und den Taliban fordern, um eine „groß angelegte Vertreibung“ zu ermöglichen.
Dieses Klima trieb die AfD in den Wahlkampf. Sie konnte erneut behaupten, dass die „alten Parteien“ „ihre Hauptforderungen zur Einwanderung aufgegriffen“ hätten, diese aber nicht konsequent genug umsetzten.
Mit dem „Sachsen-Thüringen-Konflikt“ gewann die Einwanderungsdebatte an Dynamik. Der Vorsitzende der CDU-Bundestagsfraktion, Friedrich Merz, sprach von einer generellen Einstellung der Aufnahme syrischer und afghanischer Flüchtlinge, während sein Konkurrent um das Kanzleramt, Markus Söder, lautstark eine Verfassungsänderung zur vollständigen Abschaffung des Personenrechts in Aussicht stellte Asyl.
Solche Forderungen schaffen ein populistisches Klima und sind Anzeichen für einen bevorstehenden Wahlkampf im Bundestag. Sie scheinen in ihrer Ausrichtung und ihrem Inhalt auf rechtlicher Ebene nur schwer umsetzbar und nur schwer mit dem Grundgesetz vereinbar zu sein, worauf linksliberale Kommentatoren regelmäßig hinweisen. Eine solche Vision basiert jedoch auf einem übermäßigen Vertrauen in die „demokratische Rechtsordnung“. Die Modifizierung des Asylrechts in den 1990er Jahren hätte hinreichend belegen müssen, dass die bürgerliche Legalität äußerst kreativ ist, wenn es darum geht, die Rechtsprechung an die autoritäre Agenda anzupassen. Damals wurde die Kategorie „sicherer Drittstaat“ eingeführt, um die Möglichkeiten, in Deutschland Asyl zu beantragen, einzuschränken.
Ärger in der Festung Europa
Ergänzt wurde diese „Drittstaatenregelung“ durch das 1997 in Kraft getretene „Dublin-Verfahren“, das auf europäischer Ebene von der damals politisch und wirtschaftlich dominierenden BRD durchgesetzt wurde. Es sieht vor, dass für das Asylverfahren eines Flüchtlings derjenige EU-Staat zuständig ist, in den der Flüchtling zuerst eingereist ist. Das deutsche Kalkül zielte daher darauf ab, Flüchtlingsströme an den EU-Außengrenzen abzufangen. Eine Forderung, die sich angesichts der Eurokrise und ihrer sozialen Verwüstungen in der europäischen Peripherie später als absurd herausstellte. Dies führte zu gewaltsamen Konflikten zwischen den EU-Mitgliedstaaten. In diesen Konflikten hat Deutschland versucht, seine Rolle als Geldgeber der EU zu wahren und zu moderieren. Nach der Erfahrung der „Flüchtlingskrise“ im Jahr 2015 zeigte sie sich bereit, dank des ebenso schmutzigen wie kostspieligen „Deals mit der Türkei“ Zeit zu gewinnen. Doch mit der nun laufenden Einwanderungsdebatte zeichnet sich ein weiterer fataler „epochaler Wandel“ ab.
Deutschland pocht auf die strikte Einhaltung des Dublin-Abkommens. Flüchtlinge, deren Asylantrag in die Zuständigkeit eines anderen EU-Landes fällt, was aufgrund der geografischen Lage Deutschlands fast immer der Fall ist, müssen schneller inhaftiert und abgeschoben werden. Das geht der CDU und einem Teil der FDP nicht weit genug! Sie fordern eine Verschärfung der Grenzkontrollen und die generelle Zurückweisung von Flüchtlingen an den deutschen Grenzen, auch wenn sie Asyl beantragen. Dies würde gegen internationales und europäisches Recht verstoßen und zu gewaltsamen Konflikten innerhalb der EU führen. Bisher haben Österreich und Polen deutlich gemacht, dass sie Flüchtlinge, deren Asylanträge abgelehnt wurden, nicht zurücknehmen wollen. Beim „Migrationsgipfel“ sorgte die CDU jedoch dafür, dass die Verhandlungen mit der Bundesregierung zu diesem Thema scheiterten. Dies ist ein Indiz dafür, dass erhebliche Teile der Bourgeoisie darauf drängen, dass die deutsche Führungsrolle auf EU-Ebene eindeutig und offensiv durchgesetzt wird. Gleichzeitig verbirgt sich hinter der Forderung, die deutschen Grenzen zu schließen, eine kalte und menschenverachtende Berechnung. Es wird davon ausgegangen, dass dies zu einer Kettenreaktion führen würde, in deren Rahmen auch andere EU-Staaten wie Bulgarien, Griechenland oder Italien ihre Grenzregime verschärfen und abriegeln würden. Tödliche Folge: noch mehr Ertrinkungen, Hungernde oder Menschen, die an den EU-Außengrenzen in den Tod gedrängt werden.
Die mageren Jahre sind vorbei!
Die meisten Kommentatoren führen die guten Ergebnisse der AfD auf die katastrophale Bilanz der Ampel-Koalition zurück (1) . Tatsächlich war die Ampel-Regierung von Anfang an von heftigen internen Konflikten zerrissen und konnte ihre zentrifugalen Tendenzen kaum eindämmen. Es ist äußerst zweifelhaft, ob er bis zum Ende der Legislaturperiode durchhalten kann. Den Umfragen zufolge gaben 71 % der Befragten an, dass die aktuelle Regierungskoalition ihre Arbeit „eher schlecht“ mache. Trotz dieser sehr schlechten Ergebnisse glauben nur 38 % der Befragten, dass es der CDU/CSU besser gehen würde, wenn sie an der Regierung wäre. 12 % glauben, dass die CDU/CSU schlechter abschneiden würde und 45 % sehen keinen Unterschied. In diese Lücke können AfD und BSW weiterhin treten.
Die Gründe für diesen Umbruch im Parteiensystem liegen tiefer und können nur im Kontext der sich verschärfenden globalen Krise verstanden werden. Der Ausbruch des Krieges in der Ukraine bedeutete sowohl in strategischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht einen entscheidenden Wendepunkt für das deutsche Bürgertum. Angesichts der neuen Kräftekonstellation blieb der deutschen Regierung nichts anderes übrig, als sich in einem Block mit den Vereinigten Staaten zu verbünden, was eine mehr oder weniger direkte Konfrontation mit China bedeutete. Der Wegfall der Lieferungen von billigem russischem Erdgas, von dem die deutsche Industrie stark abhängig war, war ein schwerer Schlag für die deutsche Exportwirtschaft. Es sind neue Energieabhängigkeiten entstanden. Noch heute lässt sich das geopolitische Dilemma der deutschen Bourgeoisie wie folgt zusammenfassen: Einerseits braucht Deutschland das transatlantische Bündnis mit den USA (insbesondere im militärischen Sinne), gleichzeitig wäre aber auch eine Abkehr von China erforderlich Eine Katastrophe für Schlüsselbereiche der deutschen Industrie.
Dieses Dilemma provoziert gewalttätige Konflikte innerhalb des deutschen Bürgertums, die sich auch auf der innenpolitischen Bühne widerspiegeln. Einig ist man sich lediglich über den stürmischen Vorstoß zur massiven militärischen und energetischen Aufrüstung sowie die Vorbereitung und Umsetzung einer autoritären Austeritätspolitik. Der Aufstieg der AfD ist daher vor allem das Ergebnis der Rechtisierung der gesamten bürgerlichen politischen Klasse.
Die jüngsten Einbrüche in der ohnehin krisengeschüttelten Automobilindustrie sind Anzeichen für einen dramatischen Einbruch der Krise. Deutsche Automobilzulieferer haben erhebliche Anteile am chinesischen Markt verloren und geraten zunehmend in die Defensive gegenüber neuen Wettbewerbern. Mit der Automobilindustrie droht der Motor des deutschen Wirtschaftsmodells zu erodieren. Mit der Ankündigung von Fabrikschließungen und wirtschaftlichen Entlassungen durch den VW-Konzern drohen in der gesamten Automobilindustrie Tausende Arbeitsplätze verloren zu gehen.
Betroffen sein werden eine Vielzahl von Zulieferern, aber auch andere Branchen wie Stahl, Chemie und Bauwesen.
Ausblick
Angesichts des drohenden sozialen Angriffs ist es logisch, dass die deutsche Bourgeoisie die Karte des Rassismus ausspielt und versucht, Flüchtlinge und Migranten als Sündenböcke für die soziale Krise, den Mangel an Wohnraum und Kitaplätzen, den maroden Schulen und die niedrigen Löhne zu benennen. In einem gesellschaftlichen Klima, das von Isolation und Angst vor sozialer Abwertung geprägt ist, ist diese Propaganda wirksam. In aktuellen Umfragen befürworten 77 % der Befragten eine restriktivere Asylpolitik. Solange diese Situation anhält, werden Niederlagen in zukünftigen gesellschaftlichen Konflikten vorprogrammiert sein. In dieser Situation wäre es fatal, das Heil in überbreiten Bündnissen zur Verteidigung der Demokratie suchen zu wollen, die sich als moralische Autorität gegen „jeden Extremismus“ ausgeben und damit den Anspruch erheben, Vorrang vor der Hegemonie der Rechten zu haben. Die großen Frühjahrsproteste hätten hinreichend zeigen müssen, wie schnell eine Bewegung aussterben kann, wenn es ihr nicht gelingt, Bezugspunkte zum gesellschaftlichen Alltag und seinen Konflikten herzustellen, die eine Voraussetzung für die Abwehr von Angriffen wären.
Das letzte Mal, dass linke Kräfte nennenswerten Einfluss auf eine soziale Bewegung nehmen konnten, ist lange her. Aus unserer Sicht ist es genau 20 Jahre her, als im Jahr 2004 die Montagsproteste gegen die Hartz-IV-Reform aufkamen (2) . Ihre Rolle dort hatte katastrophale Folgen und führte schnell zur Erschöpfung der Bewegung, gefolgt von der Niederlage der Arbeiter bei Opel Bochum und später bei der Bosch-Siemens-Haushaltsgerätefabrik in Berlin. Dies sind nur einige Elemente eines längeren Rückzugs unserer Klasse. Seitdem betreibt die Linke Identitätspolitik oder versucht, sich als soziale Bewegung zu präsentieren. Mit welchen Ergebnissen können wir heute sehen.
Die Voraussetzungen für einen wirksamen Klassenwiderstand gegen drohende Angriffe sind daher heute nicht gegeben. Die Arbeiterklasse in Deutschland hat keine tief verwurzelten Widerstandstraditionen. Vor allem aber mangelt es ihr an Wrestling-Erfahrung. Es gibt praktisch keine Erfahrungen mit gemeinsamen Kämpfen zwischen ostdeutschen und westdeutschen Arbeitern. VW-Chefs werden dies wohl ausnutzen, um zunächst Kollegen an ostdeutschen Standorten (zum Beispiel in Zwickau (3) ) anzugreifen.
Die gängige Praxis, Leiharbeiter gegen flexible und prekäre Arbeiter auszuspielen, hat sich für die Kapitalisten bisher ausgezahlt. Vergessen wir nie, dass die Gewerkschaften immer an diesem Spiel teilgenommen und es so organisiert haben, dass sie die Kontrolle über Verhandlungen und Lohnkämpfe behalten. Die Kluft zwischen dem deutschen und dem Einwanderersektor ist besonders gravierend, weil sie durch die derzeit in Mode befindlichen Identitätsmystifizierungen zementiert wird.
Der erste Schritt und die dringendste Aufgabe internationalistischer Kommunisten besteht in dieser Situation darin, sich kompromisslos allen Formen von Rassismus, allen gegen Migranten und Flüchtlinge gerichteten Notstandsgesetzen und Verwaltungspraktiken zu widersetzen. Nur auf dieser Grundlage wird es langfristig gelingen, ein Bewusstsein für die Notwendigkeit bedingungsloser internationaler Solidarität, für Klasseneinheit gegen alle Angriffe der Herrschenden zu schaffen. Wir werden diese Einheit dringend brauchen, wenn wir wollen, dass die Klasse sich in den kommenden sozialen Kämpfen stärkt. Es liegt auf der Hand, dass dies in der aktuellen Situation ein ständiges Schwimmen gegen den Strom erfordert. Aber nur so können wir prinzipielle Propaganda mit flexiblem Eingreifen in Bewegungen verbinden.Gruppe Internationalistischer Kommunistinnen
GRI-Übersetzung
Hinweise:
(1) Die als „Ampel-Koalition“ bekannte Regierungskoalition besteht aus der Sozialdemokratischen Partei (SPD), deren Farbe Rot ist, der Liberaldemokratischen Partei (FDP), deren Farbe Gelb ist, und dem Bündnis 90 / Die Grünen, deren Farbe Grün ist.
(2) Die Hartz-Reformen (oder Hartz-Reform) sind die Arbeitsmarktreformen, die in Deutschland zwischen 2003 und 2005 unter dem Mandat von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) durchgeführt wurden. Mit dem Hartz-IV-Gesetz wurde die Arbeitslosenhilfe abgeschafft, die Sozialhilfe (Arbeitslosengeld II) gestärkt und vom Abschluss eines Eingliederungsvertrags mit der Agentur für Arbeit oder der Kommunalverwaltung abhängig gemacht. Arbeitslose, die ihre Rechte verloren haben, haben dadurch eine erhebliche Verschlechterung ihrer finanziellen Lage erlebt.
(3) Viertgrößte Stadt in der Region Sachsen, im ehemaligen Ostdeutschland.
Sonntag, 15. Dezember 2024
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