*Stellungnahme des Transnationalen Bündnisses zu den Ereignissen am 16.September 2023*
Über 100 Menschen versammelten sich am Samstag, den 16.September auf dem Wilhelmsplatz,
um an den Jahrestag der Ermordung von Jina Amini durch das islamische Regime zu erinnern.
Am 16.September vor einem Jahr wurde die junge Kurdin Jina durch die faschistische Sittenpolizei des iranischen Regimes brutal ermordet.
Nach der Ermordung von Jina setzte im Iran, in Kurdistan, Belutschistan und weltweit eine neue Welle der Proteste ein.
Das iranische Regime versucht bis heute die Protestbewegung im eigenen Land brutal zu
unterdrücken. Es gibt über 30.000 Verhaftete und mehr als 1000 Tote.
Trotz allem lässt sich dieser Widerstand nicht einschüchtern und brechen. Die Proteste sind nicht mehr so sichtbar wie vor 8 Monaten, aber es gibt sie noch,
wie aufglimmende Glut unter der Asche.
Im Rahmen der Kundgebung haben Aktivistinnnen mit ihren Redebeiträgen gezeigt, dass wir in vieler Hinsicht im Kampf und der Repressionserfahrung und dem Schmerz Im Iran, Sudan, Afghanistan, Kurdistan und Belutschistan eine Verbundenheit wahrnehmen. Wir haben nicht vergessen, dass im Jahr 2022, zwei Wochen nach dem Mord an Jina durch das Regime, afghanische Frauen in Solidarität mit dem Aufstand im Iran vor der iranischen Botschaft in Kabul demonstriert haben. Globale Solidarität – gemeinsam gegen jede Tyrannei und die imperialistischen Mächte. Oft erleben wir, wie die Frauenbewegung „Jin Jiyan Azadi“ weltweit von konservativen Nationalisten bis hin zu iranischen Monarchisten und westlichen Politikern instrumentalisiert und durch Verkürzung in eine liberalen Form gebracht und damit der revolutionären Inhalte beraubt wird. Für die Veranstalterinnen heißt es: Für eine gesellschaftlichen Änderung von Unten-keine Reform von Oben!
An dem gleichen Tag hatte die Stadt Göttingen eine Querdenkerdemonstration, getragen auch von vielen Nazis und Reichsbürgerinnen und Antisemitinnen durch Göttingen genehmigt.
Die Route sollte ausgerechnet auch an dem Ort der Kundgebung im Gedenken an die Ermordung Jina Aminis vorbeiführen.
Eine Demo unter Mitwirkung von Nazis,Antisemitinnen und Rassistinnen wird an einer Kundgebung, deren Teinehmerinnen sich gegen totalitäre Regime und Rassismus positionieren, vorbeigeführt. Es ist nur konsequent, dass die Veranstalterinnen der Kundgebung auch zu den antifaschistischen Aktionen gegen die Querdenkerdemonstration aufgerufen haben.
Unser solidarischer Dank gilt allen Antifaschistinnen, die sich an diesem Tag so klar gegen rechts positioniert und den Marsch von rechts durch Göttingen so entschlossen verhindert haben. Wir wollen hier an dieser Stelle auf das inakzeptable Umgehen sowohl der Versammlungsbehörde als auch der Polizei mit der Kundgebung eingehen: 1) Wir verurteilen die Entscheidung der Versammlungsbehörde, eine Demonstration, die unter Beteiligung von Nazis, Antisemitinnen und Rassisten stattfindet, direkt an einer Kundgebung vorbeizuleiten, an der viele Migrantinnen beteiligt sind, an der Menschen beteiligt sind, die vor totalitären Regimen geflohen sind und die tagtäglich Rassismus und menschenverachtenden Praktiken dieses Staates ausgesetzt sind – wir verurteilen es, auch wenn es uns nicht überrascht.
2) Wir verurteilen und sind wütend über das Vorgehen/ Verfahren der Polizei vor Ort, besonders des Einsatzleiters. Von vorneherein war der Blickwinkel der Polizei klar: Die Kundgebung galt als Gefahr für die Querdenkerdemo, nicht die Demonstration mit Nazis als Gefahr für die Kundgebung. Schon , bevor die Querdenkerdemo überhaupt gestartet war, beharrte die Polizei darauf, dass sich Kundgebungsteilnehmerinnen nicht auf der Barfüßerstrasse ( Teil der Demoroute) bewegen dürften, unabhängig davon, dass viele Pasantinnen unterwegs waren.
Wenn die Querdenkerdemo an der Kundgebung vorbeigekommen wäre, wäre die Kundgebung hinter einem Kordon von Polizeiautos verschwunden.
Wer hier geschützt werden sollte, war unmissverständlich.
Immer wieder wurde die Kundgebung durch absurde restriktive Ansinnen der Polizei gestört, obwohl es vorher ein sog. Kooperationsgespräch gab. Es wurden Dinge verlangt die nicht Teil der Auflagen waren:
Es durften keine Transparente aufgehängt werden, nicht an Bäumen, nicht an Laternen und auf gar keinen Fall am Denkmal.
Die Polizei fragte nach den Inhalten der Transparente und zwar dezidiert, ob sich Transparente gegen die Querdenkerdemo richten würden.
Die Polizei hatte wohl Angst, dass durch die Transparente die Gefühle der Querdenkerinnen, Nazis und Rassistinnen und Antisemitinnen verletzt werden könnten. Dann, als unsere Kundgebung begonnen hatte, kam die Polizei mit der Aufforderung 2 Seiten Versammlungsrecht vorzulesen – wie schon erwähnt, es hatte vorher Kooperstionsgespräche gegeben. Dieses Vorgehen der Polizei kann nicht anders als bewusste Störaktionen gewertet werden und es hat Tradition. Rechte Demonstrationen werden geschützt und linke, antifaschistische Aktivistinnen drangsaliert. Unsere Kritik bezieht sich auf das generelle Umgehen des Staatsorgans Polizei mit linken Strukturen, aber auch auf das Verhalten der einzelnen Polizistinnen: Auf Kritik an den Störungen durch die Polizei wurde vom Einsatzleiter, der sich durch ein arrogantes, patriarchales Gebaren auszeichnete, immer wieder auf die Versammlungsbehörde verwiesen,’man‘ führe nur Befehle aus. Auch diese Argumentationsstruktur der Polizei hat Tradition. Polizistinnen haben aber auch Handlungsspielräume und sollten auch selbst denkende Wesen sein. Sie sind für ihr Handeln verantwortlich.
Wenn sie sich so, wie an diesem Tag der Einsatzleiter verhalten, ist das Ausdruck ihrer
Haltung/Gesinnung.
Wir veröffentlichen diese Stellungnahme, nicht weil uns das Verhalten der Behörden/ Polizei überrascht, sondern weil es immer wieder skandalisiert werden muss
und uns weiterhin wütend macht und enden mit einem Zitat aus einem Text von Ende Gelände:
„Die Funktion der Polizei ist es, die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufrechtzuerhalten. In einer kapitalistischen, rassistischen und patriarchalen Klassengesellschaft, wie in Deutschland, heißt das, genau die bestehenden Machtverhältnisse zugunsten der Privilegierten und Mächtigen zu schützen
und die bestehende (unterdrückende)Ordnung aufrechtzuerhalten.“
Unsere gemeinsame Stärke gegen ihren Repressionsapparat!
Mehr info dazu: http://fluechtlingscafe-goettingen.com/kundgebung-in-gedenken-an-jina-amini/
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