Stadt Göttingen schikaniert erneut Geflüchtete mit Hausdurchschungen
Am frühen Morgen des vergangenen Donnerstags, dem 25.04.19, gab es
erneut eine Hausdurchsuchung, um einen Pass zu finden. Diesmal war Hans (Name geändert), ein junger Mann aus dem Libanon, betroffen von der schikanösen Behandlung.*
Sechs Beamte durchwühlten nicht nur die kleine Einzimmer-Wohnung von
Hans, er musste sich auch noch bis auf die Unterhose ausziehen und sich
gefallen lassen, dass Beamte in der Unterhose nach seinem Pass suchten.
Ihm wurde verboten zu telefonieren und sich in dem Zimmer aufzuhalten,
das die Beamten gerade durchsuchten. Der AK Asyl verurteilt dieses
Vorgehen als reine Schikane gegen Geflüchtete, die nicht abgeschoben
werden können und die sich auch noch anmaßen, für ihre Rechte einen
Anwältin in Anspruch zu nehmen, wie Hans, der gegen die Stadt Göttingen
Klage eingereicht hat.
Hans kommt aus dem Libanon und bekommt seit fast 2 Jahren von der
Ausländerbehörde Göttingen immer nur eine Duldung für 3 Tage. Außerdem wurden seine Sozialbezüge wegen angeblich mangelnder Mitwirkung bei der Passbeschaffung auf 180 Euro im Monat gekürzt. Die Botschaft des Libanon hatte sich aber geweigert, ihm einen Pass auszustellen.
Es ist allgemein bekannt, dass die libanesische Botschaft Geflüchteten
ohne Aufenthaltserlaubnis gar keine Pässe ausstellt. Es ist genauso
bekannt, dass in den Libanon nicht abgeschoben wird, weil die libanesische Regierung sich weigert, die Menschen wieder aufzunehmen.
Trotzdem fordert die Ausländerbehörde weiterhin von Hans, dass er sich
einen Pass besorgen soll und das Sozialamt kürzt ihm weiterhin das Geld.
Dagegen hat Hans jetzt Klage eingereicht.
Und jetzt noch die Hausdurchsuchung! Hans hatte wiederholt erklärt, dass
er auf seiner Flucht über das Mittelmeer nicht nur seine Papiere,
sondern auch Freunde verloren hat. Ein furchtbares Erlebnis, das er mit
vielen anderen Geflüchteten teilt. Weil die Sachbearbeiterin ihm aber
nicht glaubt, hat ein Richter den Durchsuchungsbefehl unterschrieben.
Die Hausdurchsuchung bei Hans ist eine von vielen:Im vergangenen Jahr
2018 hat die Stadt Göttingen 20 dieser Durchsuchungen beantragt. Dazu
kommen noch die Hausdurchsuchungen, um Abschiebungen durchzuführen, sogar bei Dritten. Wir erinnern an die Abschiebung von Herrn C.
letztes Jahr, bei dem die Beamt*innen die Tür des Hauses seiner
Schwester aufgebrochen hatte, um Herrn C. zu finden. Ein schwer
kranker Mann, der ohne Erbarmen abgeschoben wurde und seitdem in der Obdachlosigkeit in Serbien leben muss.
Aber die Unverletzlichkeit der Wohnung zählt in Göttingen offensichtlich
nicht besonders viel, wenn es um Geflüchtete geht. Regelmäßig gibt die
Stadt sogar Wohnungs- und Zimmerschlüssel weiter, damit die Polizei in
die Zimmer eindringen kann. Auch die Betreiber*innen von Unterkünften
werden aufgefordert, nachzusehen, ob sich bestimmte Personen in ihren
Zimmern aufhalten. In der Siekhöhe wurden Zimmerkontrollen gemacht. All diese Praktiken sind nicht nur absolut menschenverachtend, sondern auch auf rechtlicher Basis unzulässig und ein Verstoß gegen das Grundgesetz!
Das Hamburger Verwaltungsgericht hat im Februar entschieden, dass die
von Geflüchteten privat genutzten Räume in einer Flüchtlingsunterkunft
den Schutz des Art. 13 GG genießen. Für das Öffnen und Betreten dieser
Räume im Rahmen einer Abschiebung ist deshalb ein richterlicher
Durchsuchungsbeschluss erforderlich.
Der lag zwar bei dieser Hausdurchsuchung vor, aber hier muss sich nach
Ansicht des AK Asyl auch ein Richter fragen lassen, ob das wirklich
angemessen ist. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte in einem
ähnlichen Fall schon im Februar 2018 festgestellt, dass die Durchsuchung
nur dann rechtmäßig ist, wenn hinreichend konkrete Anhaltspunkte
vorliegen. Da dürfte allein die Ungläubigkeit einer Sachbearbeiterin
nicht ausreichen. Rechtsanwalt Adam hat wird deswegen auch eine
Beschwerde vor Gericht einreichen.
Und nehmen wir mal an, die Polizei hätte einen Pass gefunden, was wäre
dann passiert? Hans hätte ja sogar Vorteile, wenn er einen Pass
vorzeigen könnte: er würde eine Duldung für normalerweise je drei Monate bekommen und seine Sozialbezüge würden nicht gekürzt werden. Eine Abschiebung wäre trotzdem nicht möglich. Wieso also sollte er sich
weigern, einen Pass vorzulegen? Die ganzen Anschuldigungen und Schikanen sind völlig absurd. Der einzige Grund für ein derartiges Vorgehen kann demnach nur sein, die Menschen so lange zu schikanieren und entwürdigen bis sie freiwillig das Land verlassen.
Diese Politik der Stadt Göttingen muss aufhören. Statt Menschen krank zu
machen, muß ihnen die Möglichkeit gegeben werden, sich endlich ein Leben aufzubauen.
Bleiberecht und gleiche Rechte für alle!
AK Asyl Göttingen