Bündnis für offene Grenzen Göttingen

Hier sind Aktionen bzw Aufrufe von Bündnis :

Nein zu imperialistischen Konflikten Russland, NATO, USA– Nein zu ihren Kriegen!

6. Februar 2022: Globaler Tag des Kampfes gegen das Regime des Todes an den Grenzen

gegen rassistische Abschottungspolitik Europa wurde heute Grüne Büro Göttingen zugang blockiert.

Solidarität mit geflüchteten Menschen statt Zäunen und Mauern – Festung Europa zerschlagen !

Aufruf zur Kundgebung

Redebeitrag des Göttinger Bündnisses für offene Grenzen auf der Demo „Nie wieder
Krieg!“ am 07.05.22 in Göttingen

Hier ist Aufruf für 1. Mai 2022

Vorwärts und nicht vergessen, worin unsere Stärke besteht,

beim Hungern und beim Essen, vorwärts und nicht vergessen,

Was an dieser Stelle im Lied von Brecht und Eisler kommt bzw. hier noch fehlt, ist ‚die Solidarität‘.

Wir sind besorgt und oft entsetzt darüber, wie es um die praktische Solidarität mit Geflüchteten bestellt ist.

Einerseits erleben wir in Deutschland und anderen Staaten Europas das erste Mal seit dem Sommer der Migration 2015, dass Geflüchtete von der Zivilgesellschaft und den Behörden in großer Zahl willkommen geheißen werden. Hinsichtlich der staatlichen Bereitschaft, den Geflüchteten aus der Ukraine Teilhabemöglichkeiten zu gewähren, geht die aktuelle Solidarität weit über die hinaus, die Geflüchteten etwa 2015 und auch danach angeboten wurde. Einem Großteil der aktuell Geflüchteten aus der Ukraine werden kaum bürokratische Hindernisse in den Weg gelegt, wenn es darum geht Ausbildungs- und Arbeitsplätze zu finden oder Krankenversicherung oder Wohnraum oder Sprachkurse zu erlangen.

Das finden wir notwendig und gut!

Was uns aber aufbringt, ist die weiterhin bestehende und nunmehr umso offensichtlichere Ungleichheit, mit der Geflüchtete aus anderen Herkunftsregionen immer noch behandelt werden. Geflüchtete, die schon seit Jahren in Deutschland z.T. unter extrem miesen Bedingungen ohne Chance auf Ausbildung oder Arbeit, ohne angemessene Gesundheitsversorgung ständig von Abschiebung bedroht leben müssen, sind fassungslos angesichts ihrer fortgesetzten behördlichen wie gesellschaftlichen Diskriminierung. Und die einzige sinnhafte Erklärung, mit der sich diese Ungerechtigkeit erklären lässt lautet: fortgesetzt praktizierter institutionalisierter Rassismus für den diese Gesellschaft weitgehend blind ist.

Die Geflüchteten, die von diesem Rassismus betroffen sind, fordern ihre Gleichbehandlung ein: dass auch sie endlich als Subjekte mit Würde und umfassenden Rechten wahrgenommen und behandelt werden. Dass sie aus Lagern herauskommen, arbeiten, unterstützt werden, am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Unter anderen wir vom Göttinger ‚Bündnis für offene Grenzen‘ mit den hier beteiligten Gruppen und Personen unterstützen sie darin. Und wir fordern dich als Person, die heute hier unter dem Banner der Solidarität auf die Straße geht, auf, auch solidarisch mit den Geflüchteten zu sein! Also ihnen beizustehen, wenn sie ihre Rechte einfordern; ihnen beizustehen, wenn sie ihre Stimme im öffentlichen Raum hörbar machen wollen.

Und, wir erhoffen von dir, wenn du dich mit den Unterdrückten und Ausgebeuteten solidarisieren willst, noch mehr. Nämlich dass du das Elend und den vielfachen Tod von Geflüchteten an dich heran lässt, den der Ausbau Europas zu einer Festung bewirkt. Und dass du dagegen mit anderen gemeinsam ankämpfst! Es wird im Namen hohler europäischer Werte seit Jahrzehnten ein unerklärter Krieg gegen Geflüchtete geführt. Das Wort „Krieg“ mag unangemessen wirken angesichts des anderen brutalen Krieges, den Russland aktuell in der Ukraine führt. Doch hat der militarisierte Ausbau der Grenzen Europas in den letzten Jahrzehnten abertausende Menschenleben gekostet. Allein im vergangenen Jahr ertranken mehr als 1.900 Geflüchtete bei dem Versuch über das zentrale Mittelmeer das vermeintlich sichere Europa zu erreichen. Auf der Fluchtroute zwischen den westafrikanischen Küsten und den Kanarischen Inseln (EU-Gebiet) starben 2021 mehr als 3.900 Personen. Die Anzahl der Toten, die auf dem Weg ans Mittelmeer und weiter nach Europa in der Sahara sterben, wird von der UN mittlerweile als doppelt so hoch angenommen wie die Zahl der Geflüchteten, die im Mittelmeer ertrinken. Und das liegt nicht einfach daran, dass die Wüste tödlich wäre, sondern daran dass Deutschland und andere EU-Staaten mit Militäreinsätzen und/oder Mitteln zur „Entwicklungshilfe“ die Regierungen afrikanischer Staaten wie Niger, Mali, Senegal und anderen massiv unter Druck gesetzt haben, die jahrhundertealten Routen durch die Wüste zu unterbrechen. Obendrein wurden mit allen Küstenstaaten des nördlichen Afrikas Abkommen geschlossen, die Fluchtversuche systematisch unterdrücken sollen. Seit vielen Jahren rüstet die EU Warlords in Libyen aus, die als „libysche Küstenwache“ Geflüchtete wieder einfängt, die versuchten, das Meer zu überqueren. Die Milizionäre bringen sie dann in die berüchtigten Folter- und Todeslager. Die Erfolgsbilanz dieses EU-Deals bedeutete für 39.000 Flüchtende, dass sie in den letzten 5 Jahren nach Libyen zurückgeholt wurden („pullbacks“). In vielen Fällen war dabei die EU-Grenzschutzagentur Frontex behilflich – entgegen des Völkerrechts, das eine Zurückbringung von Geflüchteten in „nicht sichere Häfen“ verbietet.

Die Zahl der aus libyschen Lagern „verschwundenen“ (aller Wahrscheinlichkeit nach ermordeten) Geflüchteten liegt bei über 11.000. Seit Monaten protestieren Geflüchtete in Libyen trotz schwerster Repression gegen das Vorgehen Europas, doch stellen sich die europäischen Regierungen taub. Sie sind auch taub für die andauernden Proteste von Geflüchteten in Tunesien, mit dem die EU zahlreiche Anti-Flüchtlingsdeals geschlossen hat. Ebenso wie mit Algerien und Marokko – beide Staaten transportieren Geflüchtete immer wieder in die Todeszonen der Sahara und lassen sie dort zurück. Anstatt dass die EU im Namen der von ihr geheuchelten Werte diese Politik des Krieges gegen die Geflüchteten endlich einstellt und sichere Fluchtrouten unterstützt, perfektioniert sie die Abschottung Europas immer weiter. Zahlreiche Beamt*innen der EU gehen keiner anderen Aufgabe nach, als für noch mehr Abschottung und somit Elend und Tod für Geflüchtete zu sorgen. Und das geschieht mit Geldern und Personal auch aus Deutschland.

Und wir haben noch nicht auf den dreckigen EU-Deal mit der Türkei hingewiesen: der Staat, der aktuell Krieg mit deutschen Waffen gegen Kurd*innen führt und auch im Inneren zunehmend faschisiert wird, wurde für 6 Milliarden Euro zum Torwächter Europas gegen Geflüchtete. Das EU-Mitglied Griechenland schiebt mittlerweile afghanische Geflüchtete in die Türkei ab, von wo aus sie in den Iran abgeschoben werden können, der sie nach Afghanistan abschiebt. Griechische Grenzschützer betrieben allein im vergangenen Jahr zwischen 11.000 und 25.000 gewaltsame Pushbacks gegen Geflüchtete, zum Teil wieder mit Unterstützung von Frontex-Beamt*innen. Wieviele Menschen dabei zu Tode kamen wissen wir nicht. Aber wir wissen, dass diese menschenrechtswidrigen Praktiken allen Regierenden in Europa seit Jahren wohlbekannt sind – viele NGOs dokumentieren dieses Grauen kontinuierlich – und wir wissen, dass die Regierenden nicht nur Nichts dagegen unternehmen, sondern es alles noch schlimmer machen. Seit langem geplant ist der „Neue Pakt zu Migration und Asyl“ der EU-Kommission. Neben einigen wenigen Verbesserungen für Geflüchtete sieht er hauptsächlich erleichterte Abschiebungen und verlängerte Haft für Geflüchtete in Lagern an den Außengrenzen vor ohne vollen Zugang zu juristischen Verfahren für die Betroffenen.

Aktuell werden mit EU- und deutscher Beteiligung die Lager in Griechenland zu gefängnis-ähnlichen Strukturen umgebaut und deren Bewohner*innen zunehmend von der Außenwelt isoliert. Griechenland baut eine Mauer zur Türkei als Wall gegen Geflüchtete und lässt Geflüchtete auch an dieser Grenze immer wieder zu Tode kommen. Genau wie Polen an der Grenze zu Belarus eine Mauer baut und seit mittlerweile mehr als einem halben Jahr immer wieder – auch jetzt im April 2022 – täglich dutzende Pushbacks gegen Geflüchtete verübt, in deren Folge viele schon zu Tode kamen. Auch diese menschenverachtende Praxis wird von der EU toleriert. Es werden sogar Rufe immer lauter, die völkerrechtlich verbotenen Pushbacks zu „legalisieren“.

Auch in der Ukraine sind nach Berichten vom 05.04.22 im EU-finanzierten Lager von Zhuravychi trotz des Krieges noch immer zwischen 35 und 45 Geflüchtete inhaftiert.

Diese Liste des Grauens für Geflüchtete ist leider bei all dem Schrecken, den wir hier beschrieben haben, nur ein winziger Ausschnitt aus dem unerklärten Krieg Europas gegen Geflüchtete.

Durchbrich die Mauern des Schweigens, die beim Töten helfen! Schau nicht länger weg! Greif ein!

Vorwärts und nicht vergessen, worin unsere Stärke besteht, …

Quellen: https://www.assoziation-a.de/buch/Grenzenlose_Gewalt  https://www.women-in-exile.net/ https://fluechtlingscafe-goettingen.com/

https://migration-control.info/ https://antira-kompass.info/ https://www.nds-fluerat.org http://www.thevoiceforum.org/ https://afrique-europe-interact.net/ https://cantevictsolidarity.noblogs.org/ https://www.roma-center.de/ https://seebruecke.org https://areyousyrious.medium.com/ https://aktionstage-enough.ch/veranstaltungen/parwana-amiri/ https://nitter.net/RefugeesinLibya https://alarmphone.org/

Aufnahme und dauerhaftes Bleiberecht für alle Geflüchteten – ohne rassistische Grenzziehungen! Migration ist Menschenrecht! Nein zur Logik des Krieges und der Militarisierung!

Bündnis für offene Grenzen, Göttingen, zum 01. Mai 2022