Nazis. Staat. Kapitalismus.
Dresden, 19. Februar 2011: Die sächsische Polizei späht in einer großangelegten Aktion über eine Million Mobilfunkdaten, Telefonate und SMS, in der ganzen Stadt aus, mehrere Hunderttausend Handy-NutzerInnen sind davon betroffen. Über zehntausend Polizeibeamte, die gesamte Überwachungstechnik der Behörden und unzählige Arbeitsstunden der Justiz werden aufgewandt, um rund 20.000 Menschen daran zu hindern, dass sie sich auf die Straße setzen, um einen Aufmarsch von Neonazis zu stoppen bzw. um ihnen nachzuweisen, dass sie sich auf die Straße gesetzt haben. Thüringen, Januar 1998: „Verfassungsschutz“ und Polizei lassen drei offensichtlich gefährliche rechtsextreme Bombenbauer entwischen. Sie tauchen 13 Jahre nicht mehr auf und verüben in der Zeit mindestens 10 Morde und zwei Sprengstoffanschläge sowie Banküberfälle.
von Claus Ludwig, Sozialistischer Stadtrat, Die LINKE.Köln
Es gibt in Deutschland keine Berge und keinen Dschungel, in denen sich eine terroristische Truppe verstecken könnte. Es gibt keine sympathisierenden Stadtteile, in die sich Illegale zurückziehen können, wie in Nordirland oder im Baskenland. Wir leben im Land der Handy-Datenspeicherung, Personalausweispflicht und Verkehrskontrollen. Hier können Musikkonzerne Anwälte und Staatsanwaltschaft in Gang setzen, um auf der Grundlage gespeicherter Internet-Verbindungsdaten Jugendliche mit Geldstrafen im Tausender-Bereich zu überziehen, die ein oder mehrere Songs heruntergeladen haben anstatt brav zwanzig Euro für eine CD zu bezahlen.
Und wir sollen glauben, dass sich in diesem Land eine Gruppe von Nazi-Terroristen an allen Kontrollen vorbei gemogelt hat?
Es ist die Rede von „Pannen“, von nicht vorhandenem Informationsaustausch und mangelnder Koordination. Bürgerliche Politiker fordern eine bessere Arbeit von Polizei und Geheimdiensten und, um diese zu ermöglichen, bessere Ausstattung für die staatlichen Organe. Diese jetzt propagierte Art der „Aufklärung“ soll vor allem dazu dienen, die These vom Versagen und der Notwendigkeit einer weiteren Stärkung staatlicher Repressionsorgane zu untermauern.
Doch die Morde des NSU („Nationalsozialistischer Untergrund“) waren nur möglich, weil zumindest Teile des Staatsapparates sie haben gewähren lassen. Einige zuständige Behörden bzw. ihre Mitarbeiter haben bewusst weg geschaut und die Terroristen machen lassen, obwohl es genug Informationen gab und es immer wieder Möglichkeiten gab, die Zelle auffliegen zu lassen. Der Verdacht liegt nahe, dass die Nazi-Killer bewusste Helfer beim „Verfassungsschutz“ oder der Polizei hatten.
„Wenn sich jemand über viele Jahre einer intensiven Fahndung entziehen kann, dann genießt er staatlichen Schutz“, so der ehemalige CIA-Agent und „Terrorismus-Experte“ Bruce Riedel.
Shoot out in Heilbronn
Die vom stern veröffentlichte Meldung, nach denen US-Geheimdienstler und deutsche „Verfassungsschützer“ den Mord an der Polizistin Michéle Kiesewetter im April 2007 in Heilbronn beobachtet haben, klingt so verrückt, dass sie nicht einmal in einen hanebüchen unlogischen Spionage-Thriller passen würde. Für solch ein Drehbuch müsste man mindestens Zucker, Abrahams und Zucker engagieren, Macher der „Nackten Kanone“ und ähnlicher filmischer Absurditäten.
US-Militärgeheimdienstler der DIA (Defense Intelligence Agency) und deutsche „Verfassungsschützer“ sollen gemeinsam einen Menschen namens Mevlüt Kar observiert haben, nachdem dieser in Heilbronn Bankgeschäfte in Millionenhöhe getätigt haben soll. Mevlüt Kar war angeblich ein V-Mann des türkischen Geheimdienstes MIT und der CIA, den US- und deutsche Behörden an die Schnittstelle zwischen organisiertem Verbrechen und islamistischen (Möchtegern- ?) Terroristen platziert hatten.
Er soll observiert worden sein, weil er zu diesem Zeitpunkt Kontakte zur „Sauerland-Gruppe“ hatte, einer, nach den Vorfällen um die NSU sollte man wirklich vorsichtig formulieren, angeblichen islamistischen Terrorzelle, die im September des gleichen Jahres unter großer medialer Begleitung von der Polizei ausgehoben wurde. Mevlüt Kar soll übrigens, obwohl möglicherweise an mehreren Morden im Bereich der organisierten Kriminalität beteiligt, heute unbehelligt in Istanbul lebeni.
US- und deutsche Geheimdienstler lagen im April 2007 also auf der Lauer und verfolgten ihre Spur zur „Sauerland-Gruppe“ und alle zusammen stolperten auf einem Parkplatz vor Heilbronn über mehrere Nazi-Killer, die gerade eine Polizistin umbrachten und ihren Kollegen schwer verletzten. Laut dem Bericht der US-Agenten waren auch die „Verfassungsschützer“ in die Schießerei verwickelt. Sie berichten von einer „Schießerei, in die BW Ops (gemeint sind Beamte des Baden-Württemberger Verfassungsschutzes) Offizier mit Rechtsextremen und regulärer Polizeistreife vor Ort verwickelt waren.“ii Vier Jahre später wurde diese Top-Secret-Information den Medien zugespielt.
Sollte dies wahr sein, muss die Existenz der rechten Killer-Truppe spätestens 2007 den Spitzen von Polizei und Geheimdiensten auch auf Bundesebene bekannt gewesen sein. An diesem Ereignis waren zu viele beteiligt und es war zu wichtig, weil es mehrere Fälle berührte, es konnte nicht innerhalb einer Behörde bleiben.
Dann wären auch sämtlichen „Ermittlungen“ zum Tod der Beamtin Kiesewetter Ablenkungsmanöver gewesen. Die bundesweit in den Medien diskutierten Spekulationen über „das Phantom“, das an vielen Tatorten seine Spuren hinterlassen und mehrere, nicht miteinander in Verbindung stehende Morde zu verantworten hatte, löste sich in nichts auf, als bekannt wurde, dass die gefundenen DNA-Spuren von verunreinigten Wattestäbchen stammten, die eine Mitarbeiterin der sie produzierenden Firma dort hinterlassen hatteiii. War das eine bewusst fabrizierte Legende? War das der behördeninterne Code dafür, dass der Tod von Kiesewetter Teil einer Mordserie war? Dann wären die Polizeibeamten, denen versprochen wurde, den Mord an ihrer Kollegin mit aller Kraft aufzuklären, vom eigenen Apparat belogen worden.
Es ist jedoch unmöglich zu sagen, ob dieser Bericht von der Zeugenschaft am Mord an der Polizistin stimmt. Die jetzt laufende „Aufklärung“ besteht gewiss nicht nur aus dem schrittweisen Zugeben von „Fehlern“ und dem Sich-Entschuldigen. Es ist davon auszugehen, dass neue Nebelkerzen gezündet werden, die „Aufklärung“ seitens der staatlichen Organe dient auch der erneuten Desinformation.
Als hätten sie Diplomaten-Pässe
Die bizarre Geschichte vom Heilbronner Agenten-Terroristen-Stelldichein darf nicht darüber hinweg täuschen, dass es genug Beispiel von Wegsehen und Nicht-Handeln staatlicher Organe gibt, die eindeutig belegt sind. Einen Anspruch auf Vollständigkeit können wir aufgrund täglich neuer Meldungen nicht erheben.
In einer von dem Trio benutzten Garage in Jena wurden im Januar 1998 funktionsfähige Rohrbomben gefunden. Auf eine Festnahme wurde verzichtet, der Haftbefehl erst einige Tage später ausgestellt, Uwe Mundlos, Beate Zschäpe und Uwe Böhnhardt waren inzwischen untergetaucht.
Der Journalist Nils Minkmar schreibt dazu in seinem lesenswerten Artikel im Feuilleton der FAZiv.„Sie tauchten nicht besonders tief. Es war mehr so ein Schnorcheln, ein Untertauchen in der Badewanne: Sie pflegten ein soziales Leben in Zwickau, unterhielten Kontakte zu einem weiten Unterstützerkreis und besuchten Demonstrationen, Konzerte und Veranstaltungen. Viele wussten, wo die drei waren. Und wenn die rechte Szene in Deutschland ein Problem hat, dann sicher nicht jenes, allzu opak (lichtundurchlässig, d. Red.) und abgeschottet zu agieren, sondern in so hohem Maße von V-Leuten durchsetzt zu sein.“
Die drei waren nicht unbekannt. Mundlos war bereits wegen Volksverhetzung zu einer Jugendstrafe verurteilt worden. Im Umfeld des „Thüringer Heimatschutzes“ (THS), dem auch die drei Jenaer Nazis angehörten, waren in den 90er Jahren mindestens drei V-Leute des Thüringer „Verfassungsschutzes“ (VS) platziert worden.
Nach Recherchen des MDR hatten Zielfahnder des thüringischen Landeskriminalamtes (LKA) die drei Untergetauchten 1998 oder 1999 aufgespürt, ein Sondereinsatzkommando (SEK) wäre zum Zugriff bereit gewesen. Dieser sei kurz zuvor abgeblasen worden, die Zielfahnder auf Weisung des LKA zurückgepfiffen worden. Dieses bestreitet die Darstellung. Der damalige Innenminister Dewes (SPD) sagte, er dürfte als ehemaliger Amtsträger nichts zu dem Vorfall sagen. Der zwielichtige, selber rechter Sympathien verdächtige damalige Chef des Thüringer VS, Roewer, sieht die Verantwortung für Verzicht auf eine Festnahme der drei Nazis nicht beim VS, sondern bei der Polizei.
Über einen V-Mann hat das Landesamt den drei Untergetauchten sogar neue Pässe finanziert, angeblich, um so eine Spur zu bekommen. Durch das Abhören von Telefonaten hätte man gewusst, dass die drei Probleme hatten, neue Pässe zu bekommen. Dem V-Mann Tino Brandt vom THS habe man 2.000 DM übergeben. Ob dieses Geld beim Trio angekommen ist, ist nicht klar. Auf jeden Fall wurden neue Pässe wären erstellt. Da der VS die Sächsischen Meldeämter aber nicht informiert habe, sei keine Spur aufgetaucht. Auch weitere Geldzahlungen an das Trio über Mittelsmänner seien erfolgt.
Wenn man die alberne Geschichte, der „Verfassungsschutz“ würde eine Mausefalle bauen, indem man Käse hineinlegt, aber den Schnappmechanismus ausschaltet, beiseite lässt, bleibt unter dem Strich die Information, dass die Nazi-Terroristen in ihre Zeit im „Untergrund“ staatlich subventioniert wurden.
Andreas T. aus Hofgeismar, ehemaliger Mitarbeiter des Hessischen Landesamts für „Verfassungsschutz“, trägt wegen seiner faschistischen Gesinnung den Spitznamen „Kleiner Adolf“. Er war kurz vor oder sogar während des Mordes an dem Kasseler Internet-Café-Betreiber Halit Yozgat im April 2006 am Tatort. Er galt als verdächtig, die Ermittlungen gegen ihn wurden allerdings 2007 eingestellt. Bei einer Hausdurchsuchung wurden illegale Munition und Nazi-Propaganda gefunden. Nach wie vor ist nicht geklärt, ob er auch an bis zu sechs anderen Tatorten anwesend war. Wenn auch nur Teile dieser Informationen stimmen, lassen sie nur zwei Deutungsmöglichkeiten zu: Entweder T. war aus persönlicher Motivation an der Terror-Aktionen beteiligt oder der hessische „Verfassungsschutz“ war hautnah an den Killern dran, ohne eine Anstrengung zu machen sie zu fassen.v
Laut ARD hatten auf Serienkiller spezialisierte „Profiler“ der bayrischen Polizei schon zu Beginn der Mordserie an türkischen Kiosk-, Imbiss- und Internet-Café-Betreibern darauf hingewiesen, dass die Taten von einem rechtsextremen Serienmörder verübt worden sein könnten. Ohne jeden Hinweis auf einen mafiosen oder privaten Hintergrund wurde jedoch von den Ermittlungsbehörden die Sonderkommission „Bosporus“ gegründet und der zynische Begriff „Döner-Morde“ geprägt und somit ein Zusammenhang zur Türkei hergestellt.
Als im Juni 2004 die Nagelbombe in der Kölner Keupstraße gezündet wurde, erklärte der damalige Innenminister Schily schon am Tag darauf, es gäbe Hinweise auf das „kriminelle Milieu“, der Anschlag sei definitiv nicht ausländerfeindlich motiviert.
Der Verfasser dieser Zeilen beschrieb schon damals, dass vieles auf einen rechten Anschlag hindeutete:
„Wenn man sich die Zusammenhänge anschaut, wird klar, dass ein rechtsextremer Anschlag zumindest nicht die unwahrscheinlichste Möglichkeit ist: Anschläge zum Zwecke der Einschüchterung von Konkurrenten oder der Schutzgeld-Erpressung sind meist gezielt, sie sollen einen definierten Schaden anrichten, bei bestimmten Menschen Angst schüren und dadurch ein konkretes Ergebnis erzielen. Die Nagelbombe in der Keupstraße war hingegen klassisch terroristisch: sie sollte möglichst großen, ungezielten Schaden anrichten und dadurch Schrecken (lat.: terror) verbreiten. Wer in der Keupstraße eine Bombe legt, weiß, dass dadurch vor allem Menschen türkischer und kurdischer Herkunft getroffen werden (…) Das fehlende Bekennerschreiben ist nicht untypisch, weder beim Anschlag auf das Oktoberfest 1980 noch bei der Terrorserie in Italien Anfang der 70er Jahre gab es Bekennerschreiben. Rechtsextreme Gruppen wollen mit ihren Anschlägen keine gezielten Attacken z.B. gegen Vertreter des Staates durchführen und dies auch politisch begründen, ihnen geht es darum, Angst zu schüren und das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft zu stören. Für sie ist es ein Erfolg, wenn z.B. die Leute in der Keupstraße Angst vor rechtem Terror haben und in den Köpfen von anderen hängenbleibt, ,kriminelle Ausländer” hätten untereinander Streit gehabt.“
Das Phantombild desjenigen, der die Nagelbombe vor dem Friseurladen in der Keupstraße deponiert hatte, ähnelte sehr dem untergetauchten Nazi Mundlos, seine Bombenbautätigkeit war bekannt. Ein Jahr später wurde in Nürnberg der Imbiss-Betreiber Ismail Yasar ermordet. Das Phantombild dieses Täters wiederum hatte eine große Ähnlichkeit mit dem Bild aus Köln. Nach eigenen Angaben hatten Journalisten des Kölner Stadtanzeigers (KStA) dies bei einer Recherche 2006 entdeckt und den Ermittlungsbehörden mitgeteilt. Die Kölner Polizei reagierte laut KStA prompt und erklärte, es handele sich um einen reinen Zufall. Der Stadtanzeiger veröffentlichte 2006 weder seinen Verdacht noch die unverständliche Antwort der Polizei.
Während die Ermittler angeblich keine Hinweise auf einen rechten Hintergrund der Mordserie entdecken konnten, feierte die Szene ihre „Helden“. Die Nazi-Band „Gigi und die braunen Stadtmusikanten“ aus Niedersachsen veröffentlichte im Juni 2010 den Song „Döner Killer“, in dem es u.a. heißt: „Neun mal hat er es jetzt schon getan / Die SoKo Bosporus, sie schlägt Alarm / Die Ermittler stehen unter Strom / Eine blutige Spur und keiner stoppt das Phantom (…) Schließlich am Dönerstand herrschen Angst und Schrecken /Kommt er vorbei, müssen sie verrecken“.
Dieser – legale – Song wurde auf Konzerten gespielt, man konnte ihn im Internet herunterladen, der wurde 2010 zu einem „Sommerhit“ der Nazi-Szene. Nicht einmal die Anspielung auf das „Phantom“, so nannten die Ermittler lange Zeit den Mörder der Polizistin Kiesewetter, brachte die Behörden dazu, den Sänger, Daniel „Gigi“ Giese, zum Verhör zu bitten.
Laut Focus soll der Thüringer VS ein Observationsfoto vom 15. Mai 2000 besitzen, auf dem die drei „Untergetauchten“ zu sehen sind. Die Staatsanwaltschaft Erfurt ermittele zwar wegen „Strafvereitelung im Amt“ gegen mehrere Personen, allerdings sei diese Straftat heute schon verjährt.vii
Es gab unzählige Spuren der „Untergetauchten“, unzählige Hinweise auf einen rassistischen Hintergrund der Morde und Anschläge, unzählige Möglichkeiten zum Zugriff. Zumindest zeitweise war den staatlichen Organen der Aufenthaltsort der drei bekannt. Sie waren ohnehin nicht wirklich abgetaucht, sie hielten Kontakt zur rechten Szene, machten Urlaub, veröffentlichten ein Brettspiel, produzierten Propaganda-Filme. Sie hatten definitiv Beschützer und Helfer im Staatsapparat.
Drei gegen den Rest?
Die noch Anfang November von Polizei und Geheimdiensten verbreitete Legende, man habe die Terror-Zelle nicht entdecken können, weil die drei eine so kleine, komplett abgeschottete Gemeinschaft gewesen seien, löste sich nach wenigen Tagen im Nichts auf. Die Behörden stießen schon nach den ersten zaghaften Ermittlungen auf eine ganze Reihe von Verdächtigen und mussten weitere Festnahmen vornehmen.
Die Ermittlungen verliefen zum Teil absurd. Die Namen von Verdächtigen wurden Tage vor Hausdurchsuchungen und Festnahmen öffentlich hinausposaunt und in den Medien diskutiert. Die Verdächtigen dürften sich mit der Vernichtung von Beweisen und der Warnung ihres Umfeldes für die Offenheit der Ermittlungsbehörden bedankt haben.
Anstatt das mächtige „Anti-Terror“-Instrumentarium des Staates zu nutzen, was im Zuge der RAF und nach 9/11 eingeführt wurde und angeblich die Bevölkerung schützen sollte, wurde gemächlich durch die Gegend ermittelt. Bis zu unserem Redaktionsschluss (20.12.2011) war nicht zu sehen, dass die staatlichen Organe die gesamte gewaltbereite rechte Szene unter Druck setzen würde, um Aussagen zu provozieren,
Der Paragraph 129a des Strafgesetzbuches – „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ – wurde in der Vergangenheit häufig gegen Linke eingesetzt. Er ermöglicht den Ermittlungsbehörden, das gesamte Umfeld der Verdächtigen auszuspähen, die Haft- und prozessualen Rechte der Verdächtigen zu beschneiden und bildet die Grundlage des „Beweisvereinfachungsverfahrens“. Die Logik dieses Verfahrens: Gerichte nehmen an, dass die Mitglieder einer terroristischen Gruppe die Methoden der Gruppe gutheißen. Ihnen muss daher nicht im Einzelfall die Beteiligung an einem Verbrechen nachgewiesen werden, man kann davon ausgehen, dass sie dabei waren. Nach dieser Logik wurden tatsächliche oder mutmaßliche Mitglieder der RAF verurteilt, ohne dass sie die ihnen vorgeworfenen Taten begangen hatten.
Gegen rechte Mörder wurde der Paragraph 129a bisher nicht angewandt, da sie angeblich alle „Einzeltäter“ waren. Es ist auch nicht abzusehen, dass dieses Werkzeug genutzt wird, um das gesamte Umfeld der NSU auszuspähen, schnelle Festnahmen vorzunehmen, sämtliche Verdächtigen voneinander zu isolieren und durch die Drohung, wegen der Mitgliedschaft in der NSU für Banküberfälle und Mord belangt zu werden, die Nazi-Szene weich zu kochen. Der 129a ist und bleibt ein Paragraph, der vor allem zur Einschüchterung und Überwachung der politischen Linken dient.
Inzwischen berichten Zeugen, dass nicht nur eine kleine Gruppe von Faschisten aus den alten Zusammenhängen in Thüringen und Sachsen die in Zwickau basierte Zelle unterstützt hat, sondern dass ein bundesweites Unterstützungs-Netzwerk existiert. Ein Zeuge aus dem Rheinland gab an, die drei wären noch 2009 auf einer Veranstaltung von Nazis in Erftstadt bei Köln zu Besuch gewesen. Ein weiterer, angeblich früher selbst beteiligt, erklärte, die „Kameraden“ vor Ort, z.B. in Nürnberg, hätten die Ziele ausgespäht und logistische Unterstützung geleistet. Nach einem Bericht der Frankfurter Rundschau hatte die NSU Kontakte nach Rheinland-Pfalz, in Ludwigshafen sei eine weitere terroristische Gruppe um Malte R. entstanden, der auch verdächtigt würde, den Brand in einem Ludwigshafener Wohnhaus gelegt zu haben, bei dem im Feburar 2008 neun türkischstämmige Bewohner getötet worden waren.viii
Auch in diesem Zusammenhang muss nicht jede einzelne Aussage richtig sein. Aber es deutet Einiges darauf hin, dass diese Hinweise stimmen.
Welches Muster kann der bundesweiten Ausbreitung der Morde zu Grunde liegen? Haben die Killer aus Zwickau gewürfelt, in welcher Stadt sie einen Migranten töten? Ist es plausibel, dass sie alle Ziele persönlich ausgespäht, alle Anschläge selbst vorbereitet und eigenhändig durchgeführt haben? Ist es wahrscheinlich, dass sie in allen Fällen nie von einer Entdeckung bedroht waren, obwohl sie sich als Do-it-yourself-Terroristen beteiligten? Ist es realistisch, dass mehr als ein Dutzend Banküberfälle glatt laufen, dass die immer drei gleichen Leute nie erwischt werden?
Wahrscheinlicher ist, dass sie nur ein Teil eines terroristischen Netzwerks waren und Andere an Auswahl, Vorbereitung und zumindest absichernd an der Durchführung beteiligt waren. Darauf deutet auch die regionale Verteilung der Morde und der beiden Bombenanschläge in Köln. Man kann sich auch vorstellen, dass hier regionale Nazi-Gruppen nacheinander einen Beweis ihrer Handlungsfähigkeit und dem, was Nazis unter „Mut“ verstehen, erbracht haben. Vorstellbar ist, dass die Morde durch andere vorbereitet wurden und die Killer aus Sachsen zu deren Vollendung anreisten. Möglich ist aber ebenso, dass die NSU Know-How, Waffen und Technik stellte und örtliche Nazis die Morde ausgeführt haben. Bei jemandem, der einen Mord begeht, dürfte das Risiko, gegenüber der Polizei zu plaudern und andere zu belasten, geringer sein, als wenn man „nur“ der Beihilfe schuldig ist.
Das seltsam plötzliche Aufgeben der drei durch Selbsttötung und Sich-Stellen könnte auch damit erklärt werden, dass diese Zelle als vorderste Linie geopfert wurde, um eine mögliche zweite Reihe zu schützen und deren Weiterarbeit in der Zukunft zu ermöglichen, wenn Verfolgungsdruck und öffentliche Aufmerksamkeit nachgelassen haben.
Angeblich sollten mit dem Anzünden des Wohnwagens, in dem Mundlos und Böhnhardt saßen und der Sprengung des Hauses in der Zwickauer Frühlingsstraße Beweise vernichtet werden. Aber warum wurden ausgerechnet alle wirklich wichtigen Beweise gefunden, allen voran das Bekenner-Video und zwei Pistolen aus den beiden wichtigsten unaufgeklärten Mordfällen der jüngeren deutschen Kriminalgeschichte? Es wäre ein Leichtes gewesen, die Waffen sicher zu entsorgen, z.B. in einem Gewässer. Lassen sich diese Funde mit dem Wunsch der Zwickauer erklären, nach ihrem Ableben zu Nazi-Helden zu werden? Warum wurde dann der Wohnwagen in Brand gesetzt, das Haus gesprengt? Immerhin hätten die Beweise auch vernichtet oder beschädigt werden können.
Der ganze Fall ist wie eine außer Kontrolle geratene Verschwörungstheorie. Insofern ist Vorsicht dabei geboten zu vermuten, dass es nur so oder so gewesen sein könne. Aber zumindest werfen die Umstände des Endes des Trios die Frage auf, ob dieses nicht auch dazu gedient haben könnte, die Verantwortung für alle Taten auf die drei zu konzentrieren. Als unbewiesen muss daher auch die Behauptung gelten, dass sich Mundlos und Böhnhardt selbst getötet haben.
Rechter Terror ganz was Neues?
Die gespielte Überraschung der Behörden, dass Nazis auch zu Terror greifen, grenzt ans Lächerliche. Gundolf Köhler hat beim schlimmsten Terroranschlag der deutschen Nachkriegsgeschichte während des Münchener Oktoberfestes 1980 13 Menschen getötet und 200 schwer verletzt. Obwohl er Verbindungen zur bewaffneten rechtsextremen „Wehrsportgruppe Hoffmann“ hatte, wurde er als „Einzeltäter“ bezeichnet, der aus privaten Motiven gehandelt hätte, die Ermittlungen wurden schon nach wenigen Monaten eingestelltix.
Seit der Welle rassistischer Pogrome und Brandanschläge Anfang der 90er Jahre sind über 180 Menschen von Nazis und Rassisten getötet worden. Diese Taten wurden überwiegend nicht von langfristig und straff organisierten terroristischen Zellen durchgeführt, sondern waren zum Teil „spontane“ Ausbrüche rassistischen Hasses oder gingen auf das Konto von Gruppen, die sich nur zu einem Anlass zusammen fanden und danach keine weiteren Anschläge unternahmen, wie bei dem Brandanschlag von Solingen, bei dem 1993 fünf türkische Frauen starben. Aber natürlich sind all diese Taten rechter Terror, verübt, um MigrantInnen, Linke, GewerkschafterInnen und alle, welche die Nazis für unwert halten, zu terrorisieren, in Angst und Schrecken zu versetzen.
Neu an der Zwickauer Zelle ist lediglich der langfristige Ansatz und die häufige Verwendung von Schusswaffen. Laut Berichten stammt der Sprengstoff, der beim Nagelbombenanschlag in Köln 2004 verwendet wurde, aus einem 1991 begangenen Einbruch in einem Bundeswehrdepot in Kahla (Thüringen). Der stern berichtete, dass inzwischen – erst 13 Jahre nach deren Entdeckung! – Ermittler herausgefunden hätten, dass auch bei den 1998 vom Nazi-Trio gebauten Rohrbomben das 1991 gestohlene Bundeswehr-TNT verwendet worden ist.
Allein in den letzten zwei Jahren wurden 800 Waffen bei Nazis beschlagnahmt, darunter „laut BKA auch 15 Faustfeuerwaffen, 16 Langwaffen und sogar 8 Kriegswaffen. Zudem fand die Polizei bundesweit 40 Spreng- und Brandvorrichtungen bei rechtsextremen Gruppierungen.“x Allein im kleinsten Bundesland Bremen zogen die Behörden Anfang Dezember sechs Waffenscheine und dazu gehörige legale Waffen von Anhängern der NPD und der DVU ein. Die Erkenntnis, dass Nazis „charakterlich nicht geeignet seien“, Waffenscheine zu führen, kam reichlich spät.
Laut Bundeskriminalamt (BKA) sind derzeit 144 Neofaschisten verschwunden, in den Untergrund gegangen oder ins Ausland verzogen. Alle Bestandteile für den rechten Terror waren und sind vorhanden: Bekennende Nazis haben sich seit Jahren mit Waffen und Sprengstoff ausgestattet. Terror-Strategien wurden in der Szene diskutiert, vieles an den Taten der Zwickauer Zelle erinnert an Konzepte, die im Umfeld des „Blood and Honour“-Netzwerks und „Combat18“ in Großbritannien schon in den 90er Jahren entwickelt wurden. Rechte Gruppen haben mit Waffen trainiert. Die Bereitschaft zum Vernichten ist in der Szene vorhanden, das zeigen die vielen Toten seit 1990.
Von Herrenmenschen und Kettenhunden
Die staatliche Verstrickung in den Terror-Skandal bedeutet nicht, dass die Regierung und die Führung der etablierten Parteien Sympathien für Nazi-Gruppen haben oder diesen den Weg ebnen wollen, zu einer Massenkraft zu werden und die Machtergreifung vorzubereiten. Weder die Spitzen der Politik noch die wirtschaftlich Herrschenden, die Vertreter der Banken und Konzerne, haben in der jetzigen Periode Interesse an einer unkontrolliert agierenden und wachsenden faschistischen Bewegung.
Das Kapital zieht es prinzipiell vor, nicht mit einer offenen Diktatur, sondern vermittels der Parteien und des Parlamentes zu herrschen. Alle bürgerlichen Parteien bedienen qua ihrer materiellen und ideologischen Einbindung in das bürgerliche Establishment die Kapitalinteressen.
Diese Regierungsform ermöglicht es der herrschenden Klasse, aufkommende Kritik früh zu erkennen und beinhaltet die Möglichkeit, diese in für die Aufrechterhaltung der Herrschaft ungefährliche Bahnen zu lenken. Erst wenn die sozialen Widersprüche zunehmen, unversöhnlich werden, die Menschen sich nicht mit kleinen Zugeständnissen und Propaganda ruhig stellen lassen, verliert die parlamentarische Herrschaftsform ihre Vorteile für das Kapital. In solchen Phasen werden autoritäre Herrschaftsformen – z.B. Militär- oder Polizeiregimes – für die herrschende Klasse interessant.
Vorformen solch autoritärer Regimes bilden die Reduzierung demokratischer oder parlamentarischer Rechte oder die Installation von sogenannten „Experten-Regierungen“, wie wir sie jüngst in Griechenland und Italien erlebt haben. Dort können die sozialen Konflikte nicht mehr allein durch parlamentarische Gepflogenheiten in für die Herrschaft der Kapitalisten unschädliche Bahnen gelenkt werden.
Die Machtübergabe an die Nazis in Deutschland 1933 war das Ergebnis einer extrem zugespitzten Krise des Kapitalismus. Der zu spät gekommene, aber dynamische deutsche Kapitalismus, war durch die Niederlage im 1. Weltkrieg von den imperialistischen Konkurrenten zurecht gestutzt worden.
Die deutschen Konzerne brauchten zur Rettung ihres Systems eine massive Ausweitung der Absatzmärkte und der Eroberung von Rohstoffquellen durch eine aggressive, kriegerische Außenpolitik sowie die Zerschlagung der Arbeiterbewegung im Inneren, um die Löhne massiv zu senken, die gesamte Bevölkerung für die Rüstungsproduktion zu mobilisieren und die Gefahr der sozialistischen Revolution ein für allemal zu erledigen.
Sie hatten vor Hitler schon verschiedene Methoden genutzt: Das Regime der „Notverordnungen“ unter Kanzler Brüning, gestützt auch von der SPD, der ähnliche Maßnahmen ohne parlamentarische Beratung durchsetzte wie heute die „Troika“ aus EU, IWF und EZB in Griechenland. Darauf folgten verschiedene autoritäre Regimes unter von Papen und Schleicher, Übergänge zur Militärdiktatur.
Die deutschen Kapitalisten hatten lange gezögert, die NSDAP zu unterstützen und begannen erst ab Anfang der 30er Jahre, Hitler großzügig mit Geld auszustatten und beschleunigten somit den Aufstieg seiner Bewegung.
Die Besonderheit des Faschismus im Unterschied zu anderen reaktionären Regimes ist die Mobilisierung der kleinbürgerlichen und subproletarischen Massen und deren terroristische Wendung gegen die Arbeiterbewegung. Um diese Massen in Wallung zu bringen, musste Hitler zu einer „antikapitalistischen“ Rhetorik greifen. Die alten Eliten waren zu Beginn nicht sicher, ob solch eine Bewegung, einmal an der Macht, nicht unter Druck ihrer Basis geraten würde, wirklich antikapitalistische Maßnahmen durchzuführen. Die Führung der Nazi-Bewegung konnte die Kapitalisten beruhigen, dass ihr System unangetastet bleiben würde.
Er hielt seine Zusagen ein. Der Faschismus mobilisierte zwar die kleinbürgerlichen und verelendeten Massen, doch seine Herrschaft bedeutete nicht, dass deren Forderungen und Erwartungen verwirklicht wurden. Der Faschismus zerschlug die Arbeiterbewegung, sowohl ihren revolutionären als auch ihren reformistischen Flügel, atomisierte sie geradezu. Er machte damit den Weg frei zur vollständigen Durchsetzung der Profitinteressen des Kapitals. Die NSDAP war die einzige Kraft, die dazu Anfang der 30er in der Lage war, eine „normale“ Militärdiktatur hätte dies nicht durchsetzen können. Um die Arbeiterbewegung zu zertrümmern, zu demoralisieren niedergedrückt zu halten, bedurfte es eines Systems des Massenterrors, bedurfte es SA, SS und Blockwarte, die in jedem Stadtteil, jeder Straße ihre Kontrolle ausübten. Eine Militärdiktatur, lediglich gestützt auf bezahlte Soldaten, hätte diese Arbeiterbewegung nicht atomisieren können.
Allerdings bezahlten die Kapitalisten einen hohen Preis für den Sieg der Faschisten. Sie mussten die Abenteurer an die Macht bringen, weil nur diese Abenteurer und Rassenfanatiker den Krieg organisieren konnten. Aber die faschistischen Hasardeure erwiesen sich als unfähig umzuschwenken, als sich ab 1943 die Niederlage abzeichnete. Sie führten den deutschen Kapitalismus in den „Untergang“ von 1945 und schwächten die Macht des deutschen Kapitals für eine ganze historische Periode.
Aus der Erfahrung mit der Nazi-Herrschaft hat die Kapitalistenklasse weltweit gelernt. Sie hatte sich die Finger verbrannt und ist vorsichtiger geworden. Seit dem Ende des Hitler-Regimes und der militärdiktatorischen „Normalisierung“ der faschistischen Regime in Portugal und Spanien hat keine herrschende Klasse ihre politische Macht an eine neue Nazi-Bewegung abgegeben.
Das heißt jedoch nicht, dass die Kapitalisten ihren Staat konsequent gegen Nazis und Rassisten einsetzen oder darauf verzichten, die rassistische Karte zu spielen. Nationalismus und Rassismus sind in einer kapitalistischen Gesellschaft zentrale Mechanismen, um die arbeitenden Menschen zu spalten, zu schwächen, von den sozialen Widersprüchen abzulenken und die Entwicklung eines Klassenbewusstseins zu verhindern.
Strategie der Spannung
In vielen Ländern wurden faschistische Organisationen weiterhin von den Kapitalisten benutzt, allerdings dienten sie immer nur als Hilfstruppe, wurden gehalten wie Kettenhunde, die man mal von der Leine lässt, um die Arbeiterbewegung und die Linke einzuschüchtern, die man aber auch in den Zwinger einsperrt, wenn sie zu laut werden.
Eine besondere Rolle war den Faschisten zu Zeiten der Konfrontation mit der Sowjetunion zugedacht. Mit Gladio (ital. „Schwert“) hatte die NATO eine paramilitärische Geheimorganisation geschaffen, die auf Sabotage und Terror vorbereitet wurde, angeblich für den Fall einer Invasion Westeuropas durch die Truppen des Warschauer Paktes.
Gladio wurde in allen NATO-Staaten aufgebaut. Die Mitglieder rekrutierten sich aus militärischen Spezialeinheiten, Geheimdienstlern und Angehörigen faschistischer Organisationen. Die tatsächliche Arbeit von Gladio hatte wenig mit der Gefahr einer sowjetischen Invasion zu tun. Stattdessen war das Netzwerk für Terroranschläge verantwortlich.
In Italien spitzten sich Ende der 60er Jahre die Klassenkämpfe zu, Millionen ArbeiterInnen und Jugendliche organisierten sich in linken Gruppen, Streiks eskalierten. Die herrschende Klasse Italiens setzte auf die „Strategie der Spannung“, auf die Eskalation von Terror, um Ängste zu verbreiten und autoritäre Maßnahmen gegen die Linke zu rechtfertigen. Ab 1969 erschütterten mehrere schwere Terroranschläge das Land. Beim Anschlag auf der Piazza Fontana in Mailand starben im Dezember 1969 17 Menschen, beim Bombenanschlag auf den Mailänder Hauptbahnhof 80 Menschen. Bekennerschreiben für diesen Massenterror gab es nicht, wegen des Anschlages in Mailand ermittelte die Polizei gegen Linke.
Inzwischen ist bewiesen, dass die Anschläge durch rechtsterroristische Gruppen wie Ordine Nuovo („Neue Ordnung“) in Verbindung mit der Geheimloge P2, welche bis in höchste staatliche Stellen reichte, geplant und durchgeführt wurden. Der Rechtsterrorist Vincenzo Vinciguerra erklärte die „Strategie der Spannung: „Man musste Zivilisten angreifen, Männer, Frauen, Kinder, unschuldige Menschen, unbekannte Menschen, die weit weg vom politischen Spiel waren. Der Grund dafür war einfach. Die Anschläge sollten das italienische Volk dazu bringen, den Staat um größere Sicherheit zu bitten. (…) Diese politische Logik liegt all den Massakern und Terroranschlägen zu Grunde, welche ohne richterliches Urteil bleiben, weil der Staat sich ja nicht selber verurteilen kann.“
Ein Zusammenhang deutscher Ableger des Gladio-Netzwerks mit dem Anschlag auf das Münchener Oktoberfest konnte nicht bewiesen werden, allerdings gab es Verbindungen von Köhler zum Faschisten Heinz Lembke, dessen umfangreiche Waffendepots – u.a. 14.000 Schuss Munition, 50 Panzerfäuste und 156 kg Sprengstoff in moderner Qualität – nach Auffassung mehrerer Journalisten auf eine Verbindung zu Gladio hindeuteten. Lembke erhängte sich einen Tag vor seiner Vernehmung in seiner Gefängniszelle, am 1.11.1981 und wurde im Nachhinein als „Einzeltäter“ bezeichnet.
Die türkischen Faschisten von den „Grauen Wölfen“ trugen durch ihren Terror zur Destabilisierung der Türkei Ende der 70er Jahre und dienten damit zur Rechtfertigung des Militärputsches vom 12. September 1980, den die Generäle damit begründeten, „Ruhe und Ordnung“ wiederherzustellen. Ihre Hilfe beim Vorgehen gegen Linke und die Arbeiterbewegung wurde den Faschisten jedoch nicht gedankt, das Militär wies sie in die Schranken. In der Türkei herrschte ab 1980 kein Faschismus, sondern eine „normale“ kapitalistische Militärdiktatur. Ebenso in Chile 1973, wo auch im Vorfeld des Putsches faschistische Gruppen aktiv waren, aber von den Generälen verboten wurden, nachdem sie ihre Aufgabe erfüllt hatten. Diese Funktion als Kettenhunde des Kapitalismus hatten und haben die Nazis auch in Deutschland.
Um an dieser Stelle kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Die rechten Diktaturen in der Türkei, Chile, Argentinien, Indonesien und vielen anderen Ländern waren brutal und grausam. Zehntausende, im Fall Indonesiens weit mehr, ArbeiterInnen und Linke wurden ermordet. Die Generäle hatten von den Nazis gelernt, verwendeten z.B. deren Foltermethoden. Tatsächlich hilft es jedoch nicht, diese Regime als „faschistisch“ zu definieren, denn der Faschismus ist eine besondere Herrschaftsform des Kapitals, der durch seine Massenmobilisierung der enthemmten Kleinbürger und Lumpenproletarier in der Lage ist, die Arbeiterbewegung tiefer und lang anhaltender zu vernichten, als es jede noch so blutige Militärdiktatur kann.
Der „Verfassungsschutz“
In den meisten Staaten gibt es eine Trennung zwischen Auslands- und Inlands-Geheimdienst: Der eine schickt eigene Spione in andere Länder, der andere fängt feindliche Spione ab. So funktionieren auch BND (Bundesnachrichtendienst) und „Verfassungsschutz“ (VS). Der deutsche VS allerdings ist eine spezielle Art von Inlandsgeheimdienst. Er soll nicht nur Spionage verhindern, sondern die Verfassung, gemeint ist dabei nicht allein das Grundgesetz, sondern die bestehenden ökonomischen und politischen Verhältnisse „schützen“, in erster Linie gegen die vermeintlichen oder tatsächlichen „Verfassungsfeinde“ aus der eigenen Bevölkerung.
Die sogenannte „Entnazifierung“ im Nachkriegsdeutschland führte nicht dazu, dass die staatlichen Organe von Nazis gesäubert wurden. Im Gegenteil, die herrschende Klasse in Deutschland nutzte zusammen mit den neuen Verbündeten wie den USA die Fähigkeiten vieler alter Nazis und positionierte diese im Staatsapparat. Diese hatten sich als loyale Verteidiger des kapitalistischen Systems erwiesen, ihre Kompetenzen im Kampf gegen die Linke und die Arbeiterbewegung und für die Restauration des BRD-Kapitalismus wurden gebraucht.
Der Bundesnachrichtendienst (BND), der deutsche Auslandsgeheimdienst, ging aus der „Organisation Gehlen“ hervor. Reinhard Gehlen, ehemaliger Generalmajor der Wehrmacht, hatte die Abteilung „Fremde Heere Ost“ des Wehrmachts-Generalstabs aufgebaut und galt daher als Experte für die Spionage Richtung Sowjetunion. Viele ehemalige Angehörige von Nazi-Organen wie SD (Sicherheitsdienst), SS und Gestapo kamen dort im BND unter, der CIA, der mithalf, die Organisation aufzubauen, schätze den Anteil ehemaliger NSDAP-Mitglieder im deutschen Geheimdienst auf bis zu 28%.
Vorläufer des VS-Bundesamtes war ein Tarneinrichtung der US-Army namens „Amt für Verfassungsschutz“, deren Aufgabe es v.a. war, Informationen über die KPD zu sammeln. Auch beim VS kamen ehemalige Gestapo-Mitglieder unter.
SS-Hauptscharführer Hallmayer war während des Krieges in Paris an einem Gestapo-Kommando beteiligt, was Résistance-Mitglieder aufspürte, die USA führten ihn auf der Liste der Kriegsverbrecher, die französischen Behörden suchten ihn wegen Mordes und Folter. 1951 wurde er einer der ersten baden-württembergischen „Verfassungschützer“, 1955 Beamter auf Lebenszeit und Kriminalobersekretär. Für seine Rente ab 1970 wird ihm seine Tätigkeit ab 1932 angerechnet. Hallmayers Spezialgebiet beim VS war die Tätigkeit linker Gruppen. Sein Werdegang steht stellvertretend für viele alte Nazis, die in Justiz, Geheimdiensten und den Polizeibehörden ihre Tätigkeit fortsetzen, mit einem klaren anti-linken, pro-kapitalistischen Feindbild.
Eine zentrale Funktion des VS ist politisch-propagandistisch. Er dient dazu, eine Gleichartigkeit des „Extremismus von links und rechts“ zu suggerieren und damit staatliche Beobachtung und Repression gegen linke „Verfassungsfeinde“ zu rechtfertigen, ohne dass diesen konkrete Straftaten vorgeworfen werden müssen.
Diese Strategie stammt aus dem KPD-Verbotsverfahren der 50er Jahre. Für die Begründung des KPD-Verbotes wurde die sogenannte „Freiheitlich-demokratische Grundordnung (FDGO)“ konstruiert, die im Grundgesetz nicht erwähnt wird. Während das Grundgesetz nicht explizit eine kapitalistische Wirtschaftsordnung festlegt und als für Veränderungen offen gedacht war, geht die FDGO darüber hinaus und legt fest, dass als grundgesetzkonform nur diejenigen gelten können, welche die bestehenden wirtschaftlichen und politischen Machtverhältnisse akzeptieren. Damit wurde die Idee, den Kapitalismus abzuschaffen und für den Sozialismus einzutreten, per se als verfassungswidrig eingestuft.
Ausdruck dieser ideologischen Funktion des VS sind die jährlichen öffentlichen Berichte des Bundesamtes und der Landesämter, die nicht wirklich auf geheimdienstlicher Tätigkeit basieren, sondern meist öffentlich zugängliche Informationen zusammenfassen. Dabei werden zum Teil bizarr unpassende Zitate aus Veröffentlichungen der beobachteten Organisationen verwendet, um diese zu charakterisieren. Während linke Ankündigungen über „Gewalttaten“, gemeint sind meist Blockaden und anderer ziviler Ungehorsam z.B. gegen rechte Aufmärsche und Atommüll-Transporte, haarklein aufgelistet werden, tauchen die real ausgeübten rechten Gewalttaten nie vollständig in den VS-Berichten auf.
Rassismus der Herrschenden
Kapital, Parteien und Staatsorgane haben auch in Deutschland immer wieder die rassistische Karte gezogen, um von sozialen Fragen abzulenken. Ob „Asylantenflut“ oder „mangelnde Integration von Muslimen“, immer wieder wurden Kampagnen losgetreten, um Gesetzesverschärfungen zu begründen, außenpolitisches Vorgehen zu legitimieren oder von den Ursachen sozialer Probleme abzulenken. Mit dem rassistischen Gift aus dem kapitalistischen Establishment wurde auch der Boden gedüngt, auf dem faschistische Organisationen wachsen.
Während der Kampagne zur Abschaffung des Asylrechts 1991-93 wurden staatlicherseits sogar die Gewalttaten von Nazis – wie z.B. die pogromartigen Krawalle von Hoyerswerda und Rostock – toleriert, weil sie als „Argumente“ dienten, die Flüchtlinge in den Köpfen zu einem Problem zu machen und die sozialen Konflikte im Gefolge des Anschlusses der DDR in den Hintergrund zu drängen.
Laxe Ermittlungen, politische Verharmlosung der Übergriffe und vor allem die offizielle politische Bestätigung, dass es ein „Asylproblem“ gebe, bereiteten den Boden für die Eskalation der Nazi-Gewalt Anfang der 90er Jahre.
Als die rechten Mörder über die Stränge schlugen und im Herbst 1992 in Mölln drei türkische Staatsangehörige und im Frühjahr 1993 in Solingen fünf weitere bei Brandanschlägen ermordeten, trat der Staat auf die Bremse. Inzwischen hatte sich als Reaktion auf den Nazi-Terror eine Gegenbewegung gebildet, eine massive Politisierung unter Jugendlichen eingesetzt. Gleichzeitig gab es erste Ängste bei ausländischen Investoren und Geschäftspartnern deutscher Unternehmen. Der Preis für das Gewährenlassen der Rechten begann, deren Nutzen für das Establishment zu übersteigen.
Rechte Gruppen wie die „Nationalistische Front“ und die „Nationale Offensive“ wurden verboten, der Verfolgungsdruck auf die rechte Szene stieg.
Als es 2000 zu einer neuen Welle rechter Gewalt kam, reagierte die Schröder-Regierung schnell und rief den „Aufstand der Anständigen“ aus, um eine mögliche antifaschistische Bewegung in bürgerliche Bahnen zu leiten und eine politische Radikalisierung zu verhindern. Einzelne Maßnahmen gegen rechte Gruppen wurden ergriffen, die „Skinheads Sächsische Schweiz“ wurden verboten.
Dem staatlichen Handeln war jedoch immer gemein, dass nie Anstrengungen unternommen wurden, die Strukturen der Nazi-Szene zu zerschlagen. Zwar wurde die Beobachtung verschärft, einzelne Gruppen wurden verboten, aber es wurde den Rechten ermöglicht, sich neu zu formieren, der Verfolgungsdruck ließ nach einiger Zeit nach, er unterschied sich ohnehin von Bundesland zu Bundesland.
Tief verwurzelter Rassismus
Der Umgang des bundesdeutschen Staates mit den Nazis wird durch verschiedene Faktoren bestimmt. Während die Spitzen von Kapital, Parteien und Staatsapparat ein Interesse daran haben, die Nazis nicht allzu groß oder auffällig werden zu lassen, wirken auf den unteren und mittleren Ebenen gegensätzliche Faktoren.
Es gibt eine rechte bis rechtsextreme Kontinuität im deutschen Staatsapparat, bei Justiz und den Sicherheitsbehörden. Vor allem die Geheimdienste wurden von ehemaligen Nazis aufgebaut. Diese personelle Kontinuität und der bleibende politische Auftrag, den Kapitalismus zu verteidigen, führte dazu, dass in den Apparaten die Überzeugung gilt: „Der Feind steht links“. Diese Auffassung ist bei Geheimdiensten, Polizei und Justiz an die nächsten Generationen weitergegeben worden.
Gerade in den letzten Jahren haben ausländerfeindliche, vorwiegend islamfeindliche Ideen in den Mittelschichten Fuß gefasst und damit auch im Beamtenapparat. Die Propaganda der etablierten Parteien über die Gefährlichkeit des islamischen Terrorismus und die finanziellen und organisatorischen Umschichtungen hin zur Bekämpfung von Islamisten haben bestehende rechte Ideen in den Behörden gefestigt.
Auf der Grundlage der rechten Kontinuität und der fortgesetzten Verbreitungen rassistischer Ideen hat sich ein Klima bei Polizeibehörden, Geheimdiensten und Justiz entwickelt, dass dazu geeignet ist, Nazi-Gewalt nicht ernst zu nehmen, wegzugucken oder sogar damit zu sympathisieren.
Bundesinnenminister Schily (SPD) behauptete beim Kölner Nagelbombenanschlag 2004 sofort, ein ausländerfeindlicher Hintergrund könne ausgeschlossen werden, ohne dies zu begründen. Seine Motivation ist kein großes Geheimnis: Im Zuge der Debatte über die Gefährlichkeit „des Islams“, die zu dieser Zeit auf einem Höhepunkt war, konnte man politisch keinen rechten Anschlag brauchen.
Interessanter ist die Motivation der polizeilichen Ermittler: Warum protestierten sie nicht gegen den offensichtlichen Unsinn des Ministers? Warum beharrten sie nicht darauf, dass man nach allen Seiten ermittele und nichts ausschließen könne? Köln ist kein Einzelfall. Bei vielen Anschlägen dieser Art waren und sind Politiker oder die Ermittlungsbehörden selbst sehr schnell dabei, einen rechten Hintergrund auszuschließen, obwohl noch nichts geklärt ist.
Das lässt sich nicht mit Dummheit und Schlamperei erklären. Einzelne Beamte mögen rassistische Gewalt bis hin zum Terror gutheißen oder nicht für verfolgungswürdig halten. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass die meisten polizeilichen Ermittler in der jetzigen Phase bewusst Terroristen gewähren lassen. Hinter ihrem „Versagen“ steckt eher die tief verwurzelte Mentalität der meisten Polizeibeamten, dass die Gefahr von Rechts so groß nicht sein könne, dass Migranten hingegen vieles zuzutrauen sei. Diese Denke ist das Ergebnis jahrzehntelanger reaktionärer Prägung der staatlichen Repressionsorgane, von der Kontinuität von Nazi-Beamten in der frühen Bundesrepublik über den Kampf gegen die Linke bis hin zu den ideologischen Kampagnen gegen „Asylmissbrauch“ und den Islam.
Dies scheint so tief zu sitzen, dass in der Polizei nicht einmal ein öffentlich erkennbares Nachdenken beginnt, wenn die eigenen Leute betroffen sind. Alljährlich beschwert sich die „Gewerkschaft der Polizei“ (GdP) über eine „neue Stufe der Gewalt“. Auch dieses Jahre ging es nicht um die Nazi-Mordserie und die brutale Hinrichtung der Beamtin Kiesewetter, sondern um tendenziell folgenlose Würfe von Steinen, Matschklumpen und Böllern auf schwer gepanzerte und behelmte Polizisten im Wendland, deren Kollegen gleichzeitig mit Pferden in Menschenmengen hinein ritten und GleisblockiererInnen die Gesichter blutig schlugen.
Man sollte meinen, dass ein Polizistenmord dazu führt, dass die Interessenvertretungen der Beamten alle Hebel in Bewegung setzen, um die Hintergründe aufzuklären. Doch sowohl Kay Diesner aus Berlin, der 2000 einen Polizisten tötete als auch der dreifache Polizisten-Mörder von Dortmund (Juni 2000), Michael Berger, wurden als „Einzeltäter“ behandelt, obwohl sie aus der rechten Szene stammten.
Spätestens nach dem Bekanntwerden der Umstände des Mordes an Michèle Kiesewetter sollten Polizei-Gewerkschafter mit aller Kraft die Aufklärung vorantreiben und für den Schutz der Beamten vor rechten Killern zu sorgen. Dass sie das nicht tun, sondern ihre Zeit damit verbringen, über den massenhaften zivilen Ungehorsam im Wendland zu klagen, ist ein weiterer Hinweis darauf, wie die staatlichen Repressionsorgane politisch gepolt sind. Man möchte den Polizeigewerkschaftern geradezu zurufen: „Wenn euch die Migranten und die Linken egal sind, kümmert euch doch wenigstens um eure eigenen Leute!“
Nazis in den Behörden
Jedem Geheimdienst wohnen Elemente von Größenwahn und Verschwörertum inne, selbst bei eher lächerlichen Institutionen wie dem thüringischen Landesamt für „Verfassungsschutz“. Eine öffentliche Kontrolle findet nicht statt, Taten müssen nicht legitimiert, Fehler nicht zugegeben werden, Vertuschung ist das oberste Prinzip. Es sind Gelder im Umlauf, für deren Verwendung nur sehr begrenzt Rechenschaft abgelegt werden muss.
Wenn solch ein Apparat und tiefsitzende rechte Auffassungen zusammenkommen, entsteht ein Biotop, in dem auch direkte Unterstützung für die Faschisten gedeiht. Es mag damit beginnen, dass Behörden Geld in Nazi-Gruppen pumpen, um Informationen zu bekommen. Dann entsteht die Idee, dass die Informationen nicht so wichtig sind, aber das es ja nicht schaden kann, eine staatlich geförderte Nazi-Truppe zu unterhalten. Man weiß ja nie, wozu das mal gut sein kann..
Im Verlauf solcher Operationen wird unweigerlich viel Mist gebaut. Die staatlich alimentierten Rechten werden immer dreister oder gewalttätiger. In einigen Fällen führte das zum Rückzug der Geheimdienste. Aber es kam auch eine andere Logik in Gang: Auf die zunehmende Gewaltbereitschaft der Staats-Nazis wurde mit zunehmender Toleranz reagiert. Hauptanliegen der verwickelten Behörden war, andere Behörden von den eigenen Schützlingen fernzuhalten, zur Not, indem ihre Ermittlungsarbeit sabotiert wurde.
Diese ideologischen und organisatorischen Strukturen bringen unweigerlich Beamte hervor, welche die Nazis nicht nur stümperhaft manipulieren wollen, sondern mit deren Ideen symphatisieren und bewusst fördern.
Im Fall der NSU scheinen all diese Faktoren eine Rolle gespielt zu haben. Es gibt Hinweise darauf, dass der ehemalige Chef des Thüringer Verfassungsschutzes, Helmut Roewer, mit faschistischen Ideologien symphatisiert. Unter Anderem veröffentlichte der VS unter seiner Führung ein „Aufklärungsvideo über Extremismus“ für Schulen, welches nichts anderes war als Werbung für rechte Gruppen. Heute veröffentlicht Roewer Bücher in einem rechtslastigen Verlag in Österreich. Möglicherweise hat er selbst die bewusste Förderung des „Thüringer Heimatschutzes“ zu verantworten oder es fühlten sich durch seine politischen Vorgaben Untergebene ermutigt, die Nazi-Gruppen zu fördern und vor Ermittlungen anderer Behörden abzuschirmen.
Roewer selbst behauptet übrigens, er und seine Behörde hätten mit Hochdruck versucht, dem Trio auf die Spur zu kommen, aber es habe in den Polizeibehörden Kräfte gegeben, welche die Nazis geschützt hätten. Der Verfassungsschutz wäre sogar angewiesen worden, gegen thüringische Behörden zu ermitteln. Wie dem auch sei, bei all den gegenseitigen Beschuldigungen kommt heraus, dass es Kräfte im Staatsapparat gab, welche das Abtauchen der Nazis abgesichert haben.xii
Die strategische Linie des deutschen Staatsapparates nimmt die Existenz und die Aktivitäten gewalttätiger rassistischer Gruppen in Kauf bzw. toleriert sie bis zu einem gewissen Grad. Die unteren und mittleren Ebenen des Staates übersetzen diese strategische Linie in Desinteresse, Wegsehen, Verdrängung rechter Gefahren oder auch in „Nutzen“ der rechten Gruppen bis hin zur Unterstützung von deren Ideologie und Taten.
Wer sind die V-Leute?
Jetzt wird darüber diskutiert, ob der Staat die V-Leute „abziehen“ solle. Mit dieser Formulierung wird unterstellt, die V-Leute seien vom Staat „hineingeschickt“ worden und diesem gegenüber irgendwie loyal. Tatsächlich handelt es sich bei sämtlichen bekannt gewordenen Fällen um loyale Nazis, welche von staatlichen Stellen Geld bekommen, um Informationen über ihre Szene zu liefern.
Der Thüringer Holocaust-Leugner Thomas Dienel, ehemaliger V-Mann mit 2.000 Mark monatlicher staatlicher Förderung, brüstete sich damit, dass die Zahlungen seine politische Meinung nicht beeinflusst hätten und meinte, seine Projekte wären ohne die Staatsknete nicht denkbar gewesen. Tino Brandt, Mitbegründer des „Thüringer Heimatschutzes“ und daher bekannt mit Mundlos, Tschäpe und Böhnhardt, soll insgesamt 200.000 Mark erhalten haben und hat das Geld nach eigenen Angaben für den Aufbau des THS ausgegeben.
Allein in der NPD soll es zur Zeit 130 V-Leute geben, man kann also von mehreren Hundert in der gesamten Nazi-Szene ausgehen. Dieses Heer von angeblichen Verrätern an der rechten Sache soll nicht den geringsten Hinweis, nicht einmal ein Gerücht, über die Existenz einer rechten Killertruppe geliefert haben, obwohl nach deren Abtauchen 1998 Geld auf rechten Veranstaltungen gesammelt wurde, obwohl Songs veröffentlicht wurden, auf denen die Morde verherrlicht werden?
Mit einer detaillierten Beobachtung der Nazi-Szene hat das V-Mann-Wesen offensichtlich nichts zu tun. Es ist auch nicht wahrscheinlich, dass sämtliche Behörden jahrelang so dämlich sind, nichtsnutzigen Informanten Geld hinterher zu werfen, ohne Ergebnisse zu verlangen. Man muss davon ausgehen, dass das V-Mann-System ein Weg der Behörden ist, faschistische Gruppen zu subventionieren, ohne Fragen zu stellen, möglicherweise verbunden mit der Vorstellung, die Gruppen, die Geld beziehen, hätte man schon „unter Kontrolle“.
Staatliche Stellen haben durch das V-Mann-System mitgeholfen, die rechten Gruppen aufzubauen. Eine Debatte über einen „Rückzug“ der V-Leute als angebliche Voraussetzung für ein NPD-Verbot ist eine Scheindiskussion. Die V-Leute könnten sofort abgeschaltet werden, indem ihnen keine weiteren Gelder mehr überwiesen werden.
Dass dies nicht geschieht, weist darauf hin, dass die Frage des NPD-Verbotes im Staatsapparat und den bürgerlichen Parteien nach wie vor umstritten ist und nicht alle Hindernisse für einen Verbotsantrag aus dem Weg geräumt werden sollen.
Folgen eines NPD-Verbots
Ein Verbot der NPD wäre für die rechte Szene ein finanzielles und organisatorisches Problem. Damit würde das Bindeglied zwischen den Schlägertruppen und der Wahlebene aus der rechten Kette entfernt. Eine konsequente Durchsetzung des NPD-Verbots müsste eigentlich dazu führen, dass alle Aufmärsche, an denen sich ehemalige NPD-Mitglieder beteiligen und sämtliche Ersatzorganisationen untersagt werden.
Doch es ist unwahrscheinlich, dass das Verbot so umgesetzt würde. Erstens ist offen, ob es überhaupt zu einem Verbot kommt. Zweitens ist es nicht das Hauptanliegen der bürgerlichen Parteien und des Staates, den Nazi-Sumpf konsequent trockenzulegen. Auch ohne ein NPD-Verbot hätte die NSU gestoppt und die gewalttätige Nazi-Szene verfolgt werden können. Das ist bis heute nicht geschehen und es gibt auch keine Anzeichen dafür, dass staatlichen Stellen dies jetzt tun. Die bisherigen Verbote faschistischer Organisationen führten nicht zur Zerschlagung deren Umfeldes, es wurden lediglich Namen verboten, Neugründungen waren relativ einfach möglich. Die Gründe für dieses Agieren haben wir oben ausgeführt.
Die Diskussion um ein NPD-Verbot soll vor allem als Symbol staatlichen Handelns gegen Rechts dienen. Gleichzeitig würden sich die bürgerlichen Parteien einen Konkurrenten auf Wahlebene vom Hals schaffen. Rechtsausleger in den bürgerlichen Parteien, der Wirtschaft und den Medien wiederum mögen spekulieren, dass das Verschwinden der offenen Nazis auf Wahlebene den Weg für eine unbelastete „rechtspopulistische“ Partei freimacht.
Die Argumente für ein Verbot der NPD werden zum Teil an den Haaren herbeigezogen. Ohne Frage dient die NPD als Verbindung zwischen offenen Schlägertruppen und einer parlamentarischen Strategie, ohne Zweifel sitzen Anhänger und Unterstützer der NSU in der NPD. Aber es wird juristisch bizarr, wenn als „Beweis“ für die Verbindungen zwischen NSU und NPD ein Foto von 1996 präsentiert wird, auf dem der jetzige NPD-Chef Apfel einige Meter entfernt von Mundlos und Tschäpe zu sehen ist. Politisch sagt das Einiges aus, aber wer solche „Beweise“ juristisch nutzen will, der nimmt – wissentlich? – in Kauf, dass ein Verbotsverfahren scheitert.
Die SAV ist für ein Verbot faschistischer Organisationen und damit auch der NPD. Aber wir halten es für eine falsche Schwerpunktsetzung, wenn linke Organisationen und Gewerkschaften die Forderung nach einem NPD-Verbot zu einem Dreh- und Angelpunkt ihrer antifaschistischen Strategie machen. Deshalb stellen wir die Forderung nicht auf, denn wir wissen, dass ihre Erfüllung kein Ende der faschistischen Gefahr bedeuten würde. Immerhin richtet man damit eine Verbotsforderung an genau den Staat, welcher bis zum heutigen Tage die Faschisten genutzt hat. Dieser wird das Verbot der NPD nicht konsequent durchziehen. Allein die in die Länge gezogene Debatte über ein NPD-Verbot räumt den Rechten genug Zeit ein für eine gemütliche Umstrukturierung.
Stattdessen sollten Linke und Arbeiterbewegung deutlich machen, dass Nazis und Rassisten nicht durch den Staat, sondern durch die antifaschistische Selbstorganisation entscheidend zurückgeschlagen werden können. Wenn sich der Staat gezwungen sieht, Repression gegen die Faschisten auszuüben, ist uns das natürlich nicht egal. AntifaschistInnen und die Linke sollten ein laufendes oder erfolgtes NPD-Verbotsverfahren daher nutzen, um verstärkt für die Verhinderung rechter Aufmärsche mobil zu machen. Mediale Veröffentlichungen und polizeiliche Maßnahmen gegen rechte Gewalt können genutzt werden, den Spielraum für den antifaschistischen Selbstschutz zu erweitern. Bekannte Nazi-Aktivisten können z.B. durch „Outing“, indem man im Stadtteil informiert, wer dort wohnt, je nach örtlicher Situation gezwungen werden, ihren Wohnort zu wechseln. Rechte Mitläufer würden in einer solchen Situation überlegen, ob sie wirklich in der Szene bleiben wollen.
Eine mögliche zeitweilige Parallelität staatlichen und antifaschistischen Handelns sollte jedoch nicht zur Illusion verleiten, dass dieser Staat in der Lage oder willens wäre, dem rechten Spuk ein Ende zu machen.
Der herrschenden Klasse und ihren Parteien würde es gefallen, die rassistischen Kampagnen immer zielgenau dosieren zu können, um einerseits das Spaltungsinstrument zu nutzen, aber andererseits ausländische Investoren oder benötigte Arbeitskräfte nicht zu sehr zu verschrecken; um die Konkurrenz rechter Parteien nicht zu groß werden zu lassen, um keine größeren antirassistischen Gegenbewegungen zu provozieren. Doch das ist nicht immer möglich. Die häufige Verwendung des rassistischen Giftes führt zu einer Verseuchung der Gesellschaft, das Gegengift können nicht die Herrschenden, sondern nur die Arbeiterbewegung verabreichen.
Der Ausbau staatlicher Repressionsmittel, sei es die zentrale „Nazi-Datei“, erweiterte Kompetenzen für Ermittlungsbehörden und die weitere Aufweichung der Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten, müssen von der Linken und der Arbeiterbewegung abgelehnt werden. All diese Werkzeug wurden und werden in erster Linie gegen Kapitalismus-KritikerInnen angewendet. Polizei und Justiz hätten auch ohne Sondergesetzgebung wie die „Anti-Terror-Gesetze“ genug Möglichkeiten, um gegen rassistische Mörder und Nazi-Terroristen vorzugehen, sie haben es aus politischen Gründen nicht getan.
Verfassungsschutz auflösen!
Zum Zeitpunkt es Erscheinens dieser Publikation waren SPD, CDU und FDP noch immer nicht bereit, den von den Grünen und der Partei DIE LINKE geforderten Bundestags-Untersuchungsausschuss zur NSU zu beschließen. Stattdessen soll eine Bund-Länder-Kommission die Affäre zusammen mit den Behörden und den sogenannten Parlamentarischen Kontrollkommissionen (PKK) der Geheimdienste in Bund und Ländern aufklären.
Damit würde die Untersuchung des Skandals unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Die PKK tagen geheim. Eine Bund-Länder-Kommission hätte nicht das Recht Zeugen vorzuladen und Beweismittel zu sichten. Die „Aufklärung“ bliebe im Kern denen überlassen, die seit Jahren vertuschen.
Katharina König aus Jena sitzt für DIE LINKE im thüringischen Landtag und hält eine parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste ohnehin nicht für möglich: „Letztendlich entscheidet der VS, was er den Parlamentariern sagt. Diese müssen diese Aussagen dann einordnen können, was meistens nicht geht, weil Informationen fehlen. Und wenn die Parlamentarier es einordnen können und nachfragen, ist überhaupt nicht klar, ob sie eine Antwort bekommen. Das Entscheidende ist aber auch, dass man mit kritischen Informationen nichts anfangen kann, weil es wiederum verboten ist, darüber zu sprechen.“xiii
Selbst ein Bundestags-Untersuchungsausschuss ist nur eine halböffentliche Angelegenheit. Die Parlamentarier dürfen Zeugen befragen und auch – zumindest teilweise – öffentliche Antworten verlangen, aber auch so ist es nicht möglich, Geheimdienste und Polizei wirklich zu durchleuchten, eine Maßnahme, die angesichts der Dimension der Vorfälle jedoch nötig wäre.
Wirkliche Erkenntnisse könnte nur eine unabhängige Untersuchungskommission zu Tage fördern, zusammengesetzt aus VertreterInnen von Migranten-Organisationen und Opfer-Verbänden, den Gewerkschaften als größten gemeinsamen deutsch-migrantischen Organisationen, VertreterInnen der Partei DIE LINKE, Journalisten, Anwälten, Parlamentariern und Recherche-Leuten der antirassistischen Bewegung. Einer solchen Untersuchungskommission müsste der Zugang zu allen Akten und die Veröffentlichung sämtlicher Ergebnisse ermöglicht werden.
Es liegt auf der Hand, dass die Regierenden kein Interesse an einer solchen Kommission haben. Daher stellt sich für die Gewerkschaften, Migranten-Verbände und DIE LINKE die Aufgabe, eine solche Kommission selber zu initiieren und parallel zur apparatinternen „Aufklärung“ zu ermitteln. Allein die Arbeit der bürgerlichen Medien und einzelner linker Parlamentarier hat in wenigen Wochen viele Informationen zu Tage gefördert. Eine Untersuchungskommission von unten würde schnell Ergebnisse liefern und könnte die staatlichen Stellen medial vor sich hertreiben.
Geheimdienste nützen niemals dem Schutz der demokratischen Rechte, dem steht ihre innere Struktur entgegen. Diese ist auf Täuschung und Vertuschung ausgerichtet. Die Nutzung krimineller oder terroristischer Elemente zieht sich durch die Geschichte sämtlicher Geheimdienste kapitalistischer Staaten – und bürokratischer Diktaturen stalinistischer Prägung.
Dazu kommt die rechtslastige Tradition der deutschen Justiz und der bewaffneten Organe. Die Verharmlosung des Faschismus bzw. die Vorstellung, die rechten Gruppen für eigene Zwecke nutzen zu können, zieht sich durch die Geschichte des bundesdeutschen Staates.
Von einem „Rückzug“ der V-Leute zu reden, vernebelt die Realität. Die sind dort gar nicht hinein geschickt worden, die waren schon da, vorher bekamen sie nur keine Steuergelder für das Nazisein. Die Förderung von Nazi-Strukturen durch Zahlungen an V-Leute muss sofort und überall abgestellt werden.
Ausgerechnet die konservative FAZ bringt den Dualismus von Terror und Geheimdiensten auf den Punkt: „Es ist immer die gleiche Geschichte: Verfolgt man die Spur des Terrors nur lange genug, endet man vor einem geheimen Dienstgebäude. Rein kann man nur während einer Revolution.“xiv
Der „Verfassungsschutz“ hat weder die Aktivitäten von Nazi-Terroristen verhindert noch den Sumpf, in dem ihre Ideen gedeihen, ausgetrocknet. Seine veröffentlichten Beobachtungen über die Nazi-Szene sind weniger genau und umfassend als die antifaschistischer AktivistInnen. Alles, was in Deutschland im Kampf gegen die Nazis erreicht wurde, musste von unten erkämpft werden, angefangen bei der Aufklärung über die braune Vergangenheit in Städten und Gemeinden bis zum Widerstand gegen die Neonazi-Aktivitäten.
Es war nie die Aufgabe des „Verfassungsschutzes“, den neuen Faschismus wirksam zu unterdrücken. Dieser sollte lediglich beobachtet und im Interesse des Staates benutzt werden. Unter dem Strich haben der VS und andere Behörden mehr zum Aufbau der Nazi-Gruppen als zu deren Kontrolle beigetragen. Geheimdienstliche Institutionen sind nicht demokratisch kontrollier- oder reformierbar, sie müssen abgeschafft werden.
Die Sondergesetze wie der Paragraph 129a StGB, die „Anti-Terror-Gesetze“ und die Einschränkungen des Demonstrationsrechtes aus den 80er Jahren (z.B. das „Vermummungsverbot“) sind aufzuheben. Sie haben weder den Mord an über 180 Menschen durch rechte Killer noch provokatorische Aufmärsche der Völkermord-Befürworter durch migrantische Viertel verhindert. Sie wurden und werden überwiegend gegen die Linke benutzt.
Die Militarisierung der Polizei, die Ausrüstung mit schwerem Gerät und Kasernierung von Bereitschafts-Polizei-Einheiten ist rückgängig zu machen. Mehr Vollmachten und massive Aufrüstung der Polizei verhindern weder Terror noch Kriminalität, sondern dienen zur Vorbereitung auf soziale Unruhen und zur Eindämmung und Unterdrückung von Massenbewegungen. Speziell ausgerüstete und zudem mit einem rabiatem Korpsgeist ausgestattete Sondereinheiten wie SEK oder BFE (Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit) sind aufzulösen.
Das Übel an der Wurzel packen
Die erste Aufgabe der Linken und der Arbeiterbewegung ist es, den offenen und versteckten Nazis entgegen zu treten, ihr öffentliches Auftreten zu stoppen und so zu verhindern, dass die Faschisten Mut schöpfen, Stadtteile zu kontrollieren und Linke und MigrantInnen zu terrorisieren. Wir können uns dabei nicht auf den bürgerlichen Staat verlassen, sondern müssen die antifaschistische Selbstorganisation voran treiben. Doch gleichzeitig muss eine politische Alternative zu den Faschisten formuliert werden. Purer moralischer Antifaschismus oder eine nur auf Verhinderung von Nazi-Aufmärschen basierende Gegenbewegung sind nicht in der Lage, jetzt oder in der Zukunft, die Wurzeln von Rassismus und Faschismus zu beseitigen.
Die Faschisten profitieren von der sozialen Zerrüttung und den Abstiegsängsten. Sie werden befeuert durch den Rasssismus der Etablierten, der aktuell vor allem die Maske der „Islamkritik“ trägt. Im Zuge der Krise des Kapitalismus, die zu verschärften nationalen Spannungen in der EU und in nicht allzu ferner Zukunft zum Ende des Euro und damit zu ungeahnten wirtschaftlichen Verwerfungen führen wird, wächst die Gefahr nationalistischer und rassistischer Strömungen in Europa.
Die Arbeiterbewegung und die Linke müssen Antworten auf die Krise formulieren. Die Verteidigung des kapitalistisch-demokratischen status quo und ein Bündnis mit den etablierten Kräften gegen die Faschisten hilft nicht bei der Abwehr des Rassismus, denn dieser bestehende Zustand führt perspektivisch zu einem Anstieg von Massenarmut- und arbeitslosigkeit. Die bürgerlichen Kräfte düngen, ob direkt durch staatliches Agieren und rassistische Propaganda oder indirekt durch ihre Sozial- und Wirtschaftspolitik im Interesse der Besitzenden, den Boden, auf dem die Nazis wachsen.
Die antifaschistische Bewegung braucht daher ein soziales Programm gegen die Nazis, basierend auf den gemeinsamen Interessen der arbeitenden Menschen, ob deutsch oder migrantisch, über Ländergrenzen, ethnische und religiöse Unterschiede hinweg. Angesichts der Perspektiven des Kapitalismus kann der Inhalt eines solchen Programms nur sozialistisch sein, es muss sich gleichzeitig gegen die barbarische Perspektive der Nazis wenden als auch gegen die „normalen“ kapitalistischen Zustände, welche etablierte Parteien und der Staatsapparat verteidigen. Tags: Mülheim, Nagelbombe, Nazis, NSU, Rassismus, Terror, VS,