Großer Razzienangriff auf das iranische oppositionelle Camp Ashraf in Albanien
Wir verurteilen diese brutale Maßnahme durch die Polizei auf das Schärfste!
Am Dienstag, den 20. Juni gab es einen brutalen Angriff mit ca. 1000 Polizist*innen auf ein Camp von oppositionellen iranischen Volksmojahedin in Albanien bei Durres, der Nähe von Tirana. Bei diesem Angriff sind 100 Mitglieder der Organisation verletzt worden und eine Person ist ums Leben gekommen durch massive Anwendung von Gewalt mit Tränengas, Pfefferspray und Schlägen. In diesem Camp („Ashraf 3“) sind seit 2014 fast 3000 Mitglieder der oppositionellen Volksmojahedin untergebracht.
Für diesen verbrecherischen Angriff wurde nicht zufällig der 20. Juni als Datum ausgesucht. 20 Juni 1981 nach einer friedlichen Massendemonstration der Volksmojahedin -Anhänger*innen in Teheran, bei der halb Million Menschen anwesend waren, ließ Chomeini Regime das Feuer auf die Demonstrant*innen eröffnen.
Der 20. Juni 1981 war die Höhepunkt der systematischen Hinrichtungen und Festnahmen politischen Gefangenen von oppositionellen Volksmojahedin und anderer linker Gruppierungen.
. An diesem Tag organisieren die Volksmojahedin jedes Jahr weltweit in großen Städte wie Paris den Gedenktag an die politischen Gefangenen im Iran und an die vom islamistischen Regime ermordeten Mitglieder
Auch in Frankreich verhinderte ausgerechnet an diesem Tag die französische Polizei das jährliche Gedenken dieser Organisation.
Der Angriff auf das Hauptquartier der Mojahedin-Organisation in der albanischen Stadt Durres hätte ohne die Erlaubnis der amerikanischen Regierung nicht durchgeführt werden können.Viele europäischen Staaten wie Deutschland schweigen darüber, dass es ein geheime Vereinbarung zwischen den Regierungen westlichen Ländern mit der Islamischen Republik Iran gibt.Wir als iranische und iranischstämmige Linke im Exil verurteilen auf das Schärfste diesen brutalen Angriff auf oppositionelle Strukturen! Denn es ist auch ein Angriff auf uns als Geflüchtete im Exil, deren Rechte mit Füßen getreten werden. Mal sind es Asylrechtsverschärfungen, mal Massenabschiebungen, mal das Sterben-lassen im Mittelmeer oder in der Wüste, mal die Kriminalisierung politischer Betätigung: immer wieder wird rassistisch und menschenverachtend gegen uns vorgegangen.
Wir verurteilen diese brutale Maßnahme durch die Polizei auf das Schärfste! Die Angriffe der westlichen Staaten /Medien gegen die Volksmojahedin sollten dazu dienen, die aus durchsichtigen wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen erfolgende Zusammenarbeit mit dem verbrecherischen Regime Iran zu rechtfertigen. Es wäre jedoch falsch, daraus im Umkehrschluss zu folgern, die Volksmojahedin seien eine fortschrittliche Befreiungs- oder Widerstandbewegung. Wir als Internationalistische Linke distanzieren uns mit klarer Positionierung von der Politik der Volksmojahedin. Diese haben sich seit Jahrzehnten vom revolutionären Kampf entfernt und sich der herrschenden Politik angepasst. Sie sind Diener*innen des neoliberalen Kapitalismus geworden, ein verlängerter Arm der imperialistischen Staaten, die mit finanzieller Unterstützung von imperialistischen Staaten die Freiheitsbewegung missbrauchen. Jetzt werden sie nicht mehr gebraucht und daher kriminalisiert werden. Die Volksmojahedin sind zu Spielbällen in den Händen imperialistischer Politik geworden. Spätestens an diesem Punkt sollte sich jedes einzelne Mitglieder Gedanken dazu machen, ob es sich lohnt, mit Staaten einen Kuschelkurs zu beginnen, um eigene Machtchancen zu begünstigen. Soziale Befreiung der Menschen oder echte Demokratie kam und kommt nie von den Institutionen der Herrschenden, sondern immer von unten. Aber wir sind der Meinung, dass auch die Volksmojahedin als Geflüchtete ein Recht auf politische Organisierung besitzen. Daher verurteilen wir dieses verbrecherischen Maßnahmen der Staaten im Kooperation mit der Islamischen Republik Iran , die von der albanischen Regierung verlangt, die Mitglieder*innen der Volksmojahedin an dem Iran auszuliefern.
Die westlichen Staaten haben sich im wesentlichen auf eine Erpressungstaktik des islamischen Regime eingelassen, ähnlich wie der von türkische Regierung: An der Spitze der zweitgrößten Nato Armee des Bündnisses , nutzt Erdogan seine Position aus, um in Zeiten der versuchten NATO-Erweiterung durch Erpressung Zugeständnisse zu erlangen. In diesem Zusammenhang verhalten sich andere NATO-Staaten mit einer bedeutenden kurdischen Diaspora zunehmend wie kriminelle Komplizen des türkischen Staates, indem sie gegen kurdische Aktivisten in ihrem eigenen Land vorgehen.
In Schweden, das an die Tür der NATO klopft und gerade eine neue rechtsgerichtete Regierung bekommen hat, kommt dieser Prozess am deutlichsten zum Ausdruck. Schweden hat die Anti-Terror-Gesetze verschärft, das Waffenembargo gegen die Türkei aufgehoben und die Abschiebung von Kurden beschleunigt, nachdem die türkische Regierung dies ausdrücklich gefordert hatte.
Auch die aktuellen Razzien in Albanien sind ein Zeichen dafür wie die Staaten miteinander kooperieren.
Oppositionelle Bewegungen werden Opfer der geopolitischen Konflikte zwischen USA, EU, China und Russland.
Um das islamische Regime nicht eine komplette Allianz mit China und Russland eingehen zu lassen, sondern dem Westen eine gegenüber eine Tür offen zu halten, werden die Staaten auf diesen schmutzigen Deal eingehen.
Das Verbot der Demonstration der Mojahedin-Organisation in Paris, die Übergabe des diplomatischen Terroristen Asadullah Asadi durch die belgische Regierung an das islamische Regime, die Verhandlungen des islamischen Regimes mit der schwedischen Regierung über die Rückkehr von Gefangenen, erneuerte gute Beziehungen zwischen USA und Iran (Vertreter*innen der beiden Regierungen treffen sich im Golfstaat Oman), die Einladung des Bürgermeisters der Stadt Teheran in Belgien, gute Beziehung zwischen Iran und Saudi Arabien, sind klare Anzeichen für einen allgemeineren und umfassenderen Kompromiss zwischen westlichen Ländern und dem faschistischen Regime Iran.
Nach der Ermordung von Jina Mahsa Amini im September 2022 waren jeden Tag hunderttausende Menschen ununterbrochen auf der Straße. Auch im vierten und fünften Monat gingen die Proteste noch an vielen Orten weiter, doch nicht mehr mit so viel Beteiligung wie zuvor.
Aber wie hat das Regime es geschafft die Bewegung unter militärische Kontrolle zu bringen?
Die Islamische Republik Iran normalisiert und stabilisiert sich durch vielfältige Kooperation zwischen Herrschenden im globalen Süden und globalen Norden der Welt.
Zeitgleich zu den internationalen Kooperationsbemühungen versuchte das iranische Regime durch eine Hinrichtungswelle den aufständigen Menschen Furcht einzujagen. Die Taktik des iranischen Regimes klappt weitgehend reibungslos.
Es sind die Menschen in Regionen wie Kurdistan und Belutschistan, die mit am schwersten von der Repression des Staates betroffen waren und sind. Das iranische Militär ist dort überall mit schweren Waffen eingerückt, um den Widerstand auszulöschen.
Die regimetreue Propaganda beschreibt das Gebiet als ein Nest von Sympathisanten „separatistischer Gruppen“. Die iranische Diktatur will an den Kurd*innen ein blutiges Exempel statuieren und dadurch die Massen in anderen Teilen des Irans einschüchtern; sie hofft aber auch, den Massenkampf in eine bewaffnete ethnische Konfrontation abgleiten zu lassen, um die revolutionäre Bewegung zu spalten und das iranische Gesellschaft von der Straße zu drängen.
Des weiteren versuchte das Iranische Regime Mädchen* und Frauen* zu bestrafen, die angeblich die „islamischen Werte“ schwächten, weil sie das Kopftuch ablegten. Seit November 2022 werden regelmäßig Giftgasangriffe auf Mädchen*schulen und von weiblichen Studierenden bewohnte Wohnheime im ganzen Land ausgeführt.
Diese Schulmädchen* und jungen Frauen* stehen wie niemand anders idealtypisch für das revolutionäre Motto „Jin, Jian, Azadi – Frau, Leben, Freiheit“. Die Angriffe auf Mädchen*schulen hören nicht auf – es gibt sie fast jeden Tag. Über 5000 Mädchen* und junge Frauen* wurden bislang vergiftet.
Im November und Dezember 2022 wurden Majidreza Rahnavard, Mohsen Shekari, Saleh Mirhashemi, Majid Kazemi und Saeed Yaghubi nach einem unmenschlichen faschistischen Schauprozess durch die iranischen Behörden exekutiert. Das Regime hat versucht mit massenhaften Festnahmen von etwa 40.000 Menschen und einer folgenden Hinrichtungswelle seine Macht wieder zu stabilisieren.
Seit Jahresbeginn dieses Jahr wurden in der Islamischen Republik mindestens 209 Menschen exekutiert. allein letztes Jahr 2022 sollen demnach etwa 580 Menschen in der Islamischen Republik hingerichtet worden sein.
Bisher hat kein Land aus Protest seine Botschafter*innen aus dem Iran zurückgerufen. Es scheint so, als ob der Westen und der Osten darauf warten, dass die Situation wieder durch das islamische Unterdrückungssystem zu den Zuständen vor der Ermordung von Jina Mahsa Amini zurückgedreht wird. Alle imperialistischen Mächte von Osten bis Westen wünschen sich, dass sich die feministischen Kämpfe und Aufstände wieder beruhigen.
Dabei bemühten sich viele Politiker*innen des Westens in der Anfangszeit des Aufstands sich als „Hüter*innen der Menschenrechte“ zu inszenieren.
Von Rechten bis Sozialdemokrat*innen schnitten sich sich Frauen* ihre Haare ab, um ihre Unterstützung für die iranischen Frauen* vorzutäuschen und heuchlerische Reden über Menschenrechte zu halten.
Aber solche Täuschungen sind sehr kurzfristig und schnell kooperieren die Herrschenden des globalen Nordens wieder mit den Herrschenden im globalen Süden. Schon 2012 bei der nordafrikanischen Revolte – dem sogenannten arabischen Frühling – haben wir erlebt wie die westlichen Staaten mit alten und neuen Diktaturen kooperierten. Dies führte zur Stabilisierung der diktatorischen Regime und so wurden weitere Freiheitsbewegungen niedergeschlagen.
Wir sehen den Angriff auf die Volksmojahedin in diesem Zusammenhang.
Wir kommen hier zum Ende und fassen kurz zusammen:
Jede Freiheitsbewegung in der Welt – im Iran, im Sudan, Türkei und anderswo wird durch die Kooperation der Herrschenden des globalen Südens und des globalen Nordens unterdrückt.
Für internationalistische Linke ist eine wichtige Aufgabe jedes herrschende System unter die Lupe zu nehmen und bei allen Schweinereien das System anzugreifen, um den Verbrecher*innen hier das Handwerk zu legen.
Solidaritätsarbeit hierzulande, im „Herzen der metropolitanen Bestie“, bedeutet auch ganz klassisch:
ein Vorgehen gegen die Unterstützung der Konterrevolution wie den Export von Waffen und Überwachungstechnologie.
Alles was solchen diktatorischen Regimen wie Iran, Sudan, Türkei Halt und Stabilität schenkt, an die Öffentlichkeit bringen und damit angreifen und sabotieren.
Niemand erwartet von Linken hier, dass sie die Aufstände im Iran oder anderswo romantisieren oder moralisieren; sondern dass sie mit kritischer Beobachtung die sozialen Kämpfe unterstützen.
Billige Rohstoffe und billige Arbeitskraft waren und sind immer von zentraler Bedeutung für die kapitalistische Entwicklung. Wichtig ist der damit verbundene Transfer von Werten aus der Peripherie in die kapitalistischen Zentren. Daher werden die Herrschenden des globalen Nordens nie ihre Kontakte mit dem iranischen oder türkischen Regime abbrechen. Diese die Repression stabilisierenden Verbindungen zu bekämpfen ist auch Aufgabe der internationalistischen Linken.
Hinweis auf einen der wenigen internationalen Berichte über die Razzia in Albanien:
https://www.aljazeera.com/news/2023/6/21/why-was-this-iran-dissident-group-raided-in-europe
https://www.iran-emrooz.net/index.php/news1/more/108715/
Kontakt:fluechtlingscafegoe@riseup.net

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