Göttingen : Familie auf die Straße gesetzt
Familie mitten im Corona-Lockdown auf die Straße gesetzt
Am Mittwoch, den 4. November, wurde in Göttingen eine Familie
überfallartig zwangsgeräumt. Seit über 4 Jahren wohnt Familie F. in
dieser Wohnung.
Ca um 9:30 Uhr klingelte der Gerichtvollzieher bei Familie F. Dabei
waren auch gleich ein Anwalt der Eckermann GbR und ein Schlüsseldienst.
Frau F. wurde mit ihrer 20jährigen Tochter und ihrer 80jährigen Mutter
auf die Straße gesetzt. Sie durften einige Kleidungsstücke einpacken,
das war‘s. Der Schlüsseldienst wechselte anschließend gleich das Schloß aus.
Angeboten wurden ihnen von der Stadt die Obdachlosenunterkunft im
Maschmühlenweg. „Das geht gar nicht! Wir arbeiten alle und haben
trotzdem nicht genug zum Leben, weil ein Teil der Einnahmen durch
Corona weggebrochen ist. Und dafür sollen wir jetzt in eine
Obdachlosenunterkunft?“
Dr. Burkhard Eckermann, Ingenieur-Beratung in Halle (Westf.) ist der
Hausbesitzer. Er wird vertreten hier in Göttingen von CGW
Rechtsanwälte GbR in der Groner Straße 3. Diese kaltherzige
Zwangsräumung ist der Grund, dass eine ganze Familie wohnungslos
geworden ist. Vorübergehend konnten sie bei Verwandten unterkommen.
Jetzt müssen sich 7 Personen in einer 2-Zimmer-Wohnung drängen.
Durch Corona war die selbstständige Frau F. in eine finanzielle Notlage
geraten und konnte die Miete nicht mehr aufbringen. Im Mai stellte sie
deshalb einen Antrag auf Unterstützung beim Jobcenter. Das Jobcenter
meldete sich dann erstmal gar nicht. Auf Nachfragen sollte Frau F.
verschiedene Unterlagen einreichen. Das hatte sie auch immer sofort
erledigt. Und immer fehlten Unterlagen, die sie aber schon eingereicht
hatte. Schließlich beschwerte sich Frau F. und bekam eine neue
Sachbearbeiterin. Aber auch diesmal gab es keine Entscheidung. Die
Hausverwaltung war darüber informiert, dass Frau F. einen Antrag beim
Jobcenter gestellt hatte.
Am 12. Oktober trudelte dann der Räumungsbescheid ein. Den leitete
Frau F. sofort an die Sachbearbeiterin weiter. Diese sagte in einem
Telefonat zu, sich sofort zu kümmern. Die Familie verließ sich auf die
Aussage und wartete weiter auf den Bescheid. Statt dessen kam am 4.
November der Gerichtsvollzieher.
Frau F. mit Tochter und Mutter war in der Situation völlig
überfordert. Sie wollte mit einem Freund telefonieren, damit der
kommen und ihnen helfen konnte. Das wurde ihr verweigert. Sie solle
sofort die Wohnung verlassen, sonst würden sie die Polizei holen und
dann würden sie mit Gewalt auf die Straße gesetzt, wurde ihr gesagt.
Aus Angst packten sie ein paar Kleidungsstücke ein und verließen die
Wohnung. Die 80jährige Mutter ist krank und braucht viel Hilfe und
Unterstützung. Das war dem Gerichtsvollzieher und CGW Rechtsanwälte
GbR aber egal. Auch der Corona-Lockdown war ihnen egal.
Der Freund telefonierte dann doch noch mit dem Gerichtsvollzieher und
bot an, sofort 3000 Euro für Frau F. zu bezahlen. Aber das wurde
abgelehnt. Weder Gerichtsvollzieher noch die Anwältin der Kanzlei CGW
ließen sich erweichen.
Angeblich sollen ja in Coronazeiten Ämterangelegenheiten leichter und
zugunsten der Antragsteller geregelt werden. Davon konnte Frau F.
nichts bemerken. „Seit Mai hat das Jobcenter keine Entscheidung
getroffen und ließ uns damit ins offene Messer rennen.“ sagt Frau F.
Auch Richter*innen und Gerichtsvollzieher*innen wissen um die
Schwierigkeiten, die Corona mit sich gebracht hat. Aber auch hier
Fehlanzeige. Gnadenlos musste die Familie raus aus der Wohnung.
Der AK Asyl verurteilt diese Zwangsräumung auf‘s Schärfste: wir werden
alle angehalten, uns so wenig wie möglich mit anderen zu treffen und
zu Hause zu bleiben. Und trotzdem wird genau jetzt eine Familie auf
die Straße gesetzt.
Das Amtsgericht Göttingen hatte im Oktober die Zwangsräumung zugunsten
der Vermieter*innen angeordnet. Dies zeigt auch ein Versagen von
Politik&Justiz, die die Macht den Profiteur*innen überlässt. Der Ak Asyl
fordert das Gericht auf, jegliche Zwangsräumungen einzustellen.
Besonders in Corona-Zeiten darf Wohnraum nicht als Ware behandelt
werden. Covid-19 beweist sehr deutlich wie wichtig unser Wohnraum auch
als Schutzraum ist.
Wohnungslos zu werden, kann inzwischen jede* und jeden von uns treffen:
<https://www.deutschlandfunkkultur.de/wohnungslose-familien-inzwischen-kann-es-jeden-treffen.976.de.html?dram:article_id=466207>
Wir fordern zusammen mit den Betroffenen: sofortige Öffnung der
Wohnung, damit die Familie wieder einziehen kann. Sofortige Hilfe
durch das Jobcenter statt Rausschmiss!
AK Asyl