Bericht von Flüchtlingsprotest in Gotha
Deutsch und Englisch
Flüchtlingsprotest und Solidaritäts-Demonstration in Gotha zusammen mit The VOICE Refugee Forum
Ein Bericht der Wuppertaler Delegation der KARAWANE für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen
Am vergangenen Samstag folgten etwa 100 Menschen dem Aufruf der Flüchtlinge aus Gotha, um vor Ort gegen die Abschiebungen nach Nigeria, gegen die Zustände in den Isolationslagern in und um Gotha, gegen die Einschüchterungen der Behörden und Polizei zu protestieren. Gruppen und Delegationen aus Berlin, Erfurt, Frankfurt am Main, Göttingen, Jena und Wuppertal waren angereist, um vor Ort ihre Solidarität mit den Flüchtlingen zu bekunden. Die Aktionen waren Teil der RefugeeBlackBox-Aktivitäten und Start einer Kampagne gegen die geplanten 30.000 Abschiebungen nach Nigeria.
Vor dem Bahnhof wurden ab 10:00Uhr durch Aufstellen von RefugeeBlackBoxes die Forderungen und Ziele der Flüchtlingsgemeinschaften für Passanten und der zahlreich erschienenen Polizeibeamten sichtbar gemacht. Deutlich wurden Deportationen als Verbrechen verurteilt und die Ursachen von Flucht benannt. Ebenfalls wurde die Kollaboration der deutschen Regierung mit diktatorischen Regime zwecks der Entledigung von Flüchtlingen durch Abschiebungen als Menschenrechtverletzung eingestuft.
Ab etwa 14 Uhr berichteten in der Öffentlichkeit die Vertreter der Flüchtlingsgemeinschaft aus Gotha, warum sie aus Nigeria fliehen mussten. Hier suchten sie ein Leben in Sicherheit und Würde für sich und ihren Familien. Nach einer gefährlichen Flucht über die Wüste und dem Mittelmeer seien sie jedoch ernüchtert über die Ignoranz und Arroganz mit denen Schutzsuchenden begegnet wird. Ihre Familieneinheiten werden durch getrennten Abschiebungen bedroht. Die nächtlichen Polizeieinsätze lassen nicht nur die Erwachsenen nicht schlafen, sondern erschrecken und traumatisieren vor allem die Kinder. Sie riefen die Flüchtlingscommunity und speziell die nigerianische auf, sich zu organisieren und gegen die anstehenden Abschiebungen aktiv zu werden. Ein weiterer Flüchtling aus Gotha berichtete, über einen konkreten nächtlichen Polizeieinsatz. Ein Flüchtling sei aus Angst aus dem Fenster gesprungen und hätte sich schwer verletzt. Es zeige, in welche Angst die Leute in den Isolationslager leben müssen. Doch obwohl die Angst groß sei, waren sie in die Öffentlichkeit getreten und haben den Raum genommen und für sich gesprochen.
Dies sei ein Aspekt der RefugeeBlackBoxes: Es dient den Flüchtlingen als ein Medium des öffentlichen Ausdruckes für die die eigenen Erfahrungen oder die der Community, sagte Osaren Igbinoba von THE VOICE Refugee Forum. Mögen wir selbst eingeschüchtert und verfolgt werden, die RefugeeBlackBoxes sprechen sobald aufgestellt für sich selbst und die Bilder und Aktionen erreichen weitere Communities.
Neben den Vertretern der Flüchtlingsgemeinschaft aus Gotha sprach ein aus Erfurt angereister Vertreter der Flüchtlinge aus Afghanistan. Es sei unverständlich, dass trotz der unsicheren Lage im Lande immer wieder Menschen dorthin abgeschoben werden und werden sollen. Will man, dass die Menschen dorthin zurückkehren, dann muss man als erstes die Waffenverkäufe und den Export von Militärgerät stoppen. Zudem sei es für die meisten Flüchtlinge ein Schock gewesen, als sie mit dem arroganten und herabwürdigenden Umgang der Behörden hier in Deutschland konfrontiert waren. Ihr Bild von einem demokratischen und rechtstaatlichen Staat ist nicht nur in den Behörden vernichtet worden sondern auch in den Lagern. Der Rassismus und die Diskriminierung zwingen die Flüchtlinge auf die Straße zu gehen, damit sie ein sicheres Leben für ihre Kinder gestalten können. Wichtig sei es auch, gemeinsam sich gegen die Angriffe zu organisieren.
Weitere Beiträge der Delegationen aus Göttingen und Wuppertal machten den Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen und militärischen Interventionen Deutschlands und anderer europäischer Staaten in afrikanischen und asiatischen Ländern und den Fluchtbewegungen deutlich. Es reiche nicht, hier von Humanität zu sprechen, während weiterhin Waffen und Tod in die Welt exportiert werden und der afrikanische Kontinent ausgebeutet wird. Die Abschottung Europas gegenüber Flüchtlingen diene dazu, die Zeugen der Kriege und des Elends fernzuhalten, damit die Zusammenhänge und die Folgen der eigenen Handlungen der Gesellschaft hier verborgen bleiben. Solidarität zwischen den Flüchtlingsgemeinschaften ist zwingend gefordert, um den neuen Angriffen auf das Leben der Flüchtlinge und dem Rassismus Einhalt zu gebieten.
Die Aktion in Gotha endete mit Improvisationstheater, gemeinsamen Tänzen und Musik. Es war ein gelungener Abschluss eines Tages, in dem die Isolation durchbrochen und der Bahnhofvorplatz in Gotha von den Flüchtlingen und den RefugeeBlackBoxes zum Leben erweckt wurde. Weder die zahlreich erschienenen Polizeibeamten noch die wenigen pöbelnden Passanten konnten die Flüchtlingsgemeinschaften aus Thüringen einschüchtern noch der Wind, der die RefugeeBlackBox-Installationen immer wieder wegwehte. Nicht nur das von solidarischen Menschen vorbereitete Essen und Kaffee spendeten Kraft und Hoffnung, sondern die erlebte Solidarität vor Ort.
Wuppertal, 11. August 2019
KARAWANE für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen
Refugee protest and solidarity demonstration in Gotha together with The VOICE Refugee Forum
A report of the Wuppertal Delegation of the CARAVAN for the Rights of Refugees and Migrants
Last Saturday about 100 people followed the call of the refugees from Gotha to protest against the deportations to Nigeria, against the conditions in the isolation camps in and around Gotha, against the intimidation of the authorities and police. Groups and delegations from Berlin, Erfurt, Frankfurt am Main, Göttingen, Jena and Wuppertal showed their presence to express their solidarity with the refugees from Gotha. The actions were part of the RefugeeBlackBox activities and the start of a campaign against the planned 30,000 deportations to Nigeria.
From 10:00 a.m. onwards, RefugeeBlackBoxes were set up in front of the train station to make the demands and goals of the refugee communities visible to passers-by and the numerous police officers. Deportations were clearly condemned as crimes and the causes of flight were named. The collaboration of the German government with dictatorial regimes for the purpose of disposing of refugees through deportations was also classified as a human rights violation.
From about 2 p.m. onwards, representatives of the refugee community from Gotha reported in public why they had to flee Nigeria. Here they sought a life of security and dignity for themselves and their families. After a dangerous escape across the desert and the Mediterranean Sea, however, they were sobered by the ignorance and arrogance with which those seeking protection were confronted. Their family units are threatened by separate deportations. The nightly police operations not only do not let the adults sleep, but also frighten and traumatise the children in particular. They called on the refugee community, and especially the Nigerian community, to organize themselves and become active against the deportations. Another refugee from Gotha reported about a concrete nightly police operation. A refugee jumped out of the window out of fear and injured himself seriously. It shows the fear in which the people in the isolation camps have to live. But even though the fear was great, they had entered the public arena and took the room and spoke for themselves.
This is one aspect of the RefugeeBlackBoxes: It serves the refugees as a medium of public expression for their own experiences or those of the community, said Osaren Igbinoba of THE VOICE Refugee Forum. May we ourselves be intimidated and persecuted, the RefugeeBlackBoxes will speak for themselves as soon as they are set up and the images and actions will reach more communities.
Besides the representatives of the refugee community from Gotha, a representative of the refugees from Afghanistan, who came from Erfurt, spoke. It is incomprehensible that despite the insecure situation in the country, people are repeatedly being deported and are to be deported there. If you want people to return there, the first thing you have to do is stop selling arms and exporting military equipment. Moreover, it was a shock for most refugees when they were confronted with the arrogant and degrading treatment of the authorities here in Germany. Their image of a democratic and constitutional state has been destroyed not only in the authorities but also in the camps. Racism and discrimination force the refugees to take to the streets so that they can live a safe life for their children. It is also important to organise together against the attacks.
Further contributions of the delegations from Göttingen and Wuppertal made clear the connection between the economic and military interventions of Germany and other European states in African and Asian countries and the flight movements. It is not enough to speak of humanity here, he said, while weapons and death continue to be exported to the world and the African continent is exploited. Europe’s isolation from refugees serves to keep away the witnesses of war and misery, so that the connections and consequences of society’s own actions remain hidden here. Solidarity between refugee communities is imperative in order to put a stop to the new attacks on the lives of refugees and racism.
The action in Gotha ended with improvisation theatre, joint dances and music. It was a successful conclusion of a day in which the isolation was broken and the station forecourt in Gotha was brought to life by the refugees and the Refugee BlackBoxes. Neither the numerous police officers nor the few passers-by were able to intimidate the refugee communities from Thuringia, nor the wind that blowed the RefugeeBlackBox installation.
August 11, 2019
Wuppertal
CARAVAN for the rights of refugees and migrants
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