1.Mai-Gegen Kapitalismus, Faschismus und Patriarchat—Hoch lebe „ Frauen, Leben, Freiheit “

Aufruf der Netzwerk von Kollektiven für Solidarität mit der iranischen Revolution (Berlin, Paris, Manchester, Mailand, Göteborg, Brüssel, Bielefeld, Dortmund, Göttingen, Bremen, Amsterdam, Venedig, Seattle)

In Anbetracht des erneut bevorstehenden internationalen Kampftages der Arbeiter*innen, ist es schwer zu übersehen, dass die vertiefenden Krisen der Wirtschaft, Umwelt, Politik sowie die Sozialkrisen mehr denn je unsere Lebensgrundlagen zerstören. Die Rückforderung unseres Rechts auf Leben erfordert die Anerkennung unserer Macht als Arbeiter*innenklasse für einen umfassenden Kampf gegen den Kapitalismus. Unsere Waffe in diesem Kampf besteht darin, unsere Arbeitszeit, unseren Körper und unser Leben von Kapitalist*innen zurückzunehmen/zurückzuerobern. Die Waffe des Kapitalismus dagegen ist Faschismus, Patriarchat und zunehmender Militarismus. Wir sollten uns alle daran erinnern, insbesondere aufgrund der Ereignisse in letzter  Zeit im Iran, im Sudan und in Frankreich, in denen dies umso deutlicher zu sehen war: wir alle, egal ob im „ globalen Norden“ oder „globalen Süden“, sind die Bewohner*innen eines einzigen Landes namens „ Kapitalismus “.

Der Wert wird in der kapitalistischen Gesellschaft durch den Diebstahl der Lebenszeit der Arbeiter*innen und die Ausbeutung ihrer Arbeitskraft produziert. Daher kann ein organisierter Rückzug von der Arbeit (also ein Streik der Arbeiter*innenklasse) wie eine revolutionäre radikale Maßnahme sein, die die vorherrschende Ordnung herausfordert. In einem solchen Kampf wird der Kapitalismus seine gewalttätigen und brutalen Werkzeuge einsetzen, um uns zu unterdrücken; wir hingegen setzen dem unsere Entschlossenheit, Widerstände und unser kollektives Bewusstsein entgegen, um die Streiks und unsere revolutionäre Solidarität auf die verschiedenen Ebenen auszuweiten: nicht nur in den Betrieben oder bei Anlässen auf der Straßen, sondern in allen Arbeitsumgebungen, Universitäten und Schulen und öffentlichen Orten; Nicht nur innerhalb der Landesgrenzen, sondern auch regional und international.

Durch Rückgriff auf das Patriarchat versucht der Kapitalismus, Frauen durch unbezahlte Hausarbeit oder durch die Verbilligung und Prekarisierung ihrer Arbeitskraft auszubeuten.  Queere Menschen und alle, deren Geschlecht von der herrschenden Norm abweicht werden durch ähnliche Mechanismen unterdrückt. Transpersonen leben mit einem deutlich höheren Risiko arbeitslos oder obdachlos zu werden. Und auch unabhängig von sexueller Identität und Orientierung verbannt der nationalistische Kapitalismus Geflüchtete und migrantische Arbeiter*innen mit den Mitteln des Rassismus und faschistischer Mechanismen auf das unterste Niveau der Arbeitskraftpyramide und entzieht ihnen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Er zwingt einer Vielzahl von Menschen durch nationale Überlegenheit und Unterdrückung Enteignungen und Entbehrungen auf. All diese Mittel und Mechanismen reproduzieren eine doppelte Ausbeutung und Unterdrückung zum Nachteil der Freiheit des Lebens und der Frauen. Seine akutesten Manifestationen haben wir sehr deutlich im Iran erlebt; in dem historischen Gefängnis, das die Islamische Republik seit über 40 Jahren aufgebaut hat. Wir haben auch erlebt, wie die Besonderheit der Islamischen Republik die allgemeinen bedrückenden Widersprüche und  die Folgen des Kapitalismus grenzenlos erweitert hat.

Deshalb hängt für uns der internationale Kampftag der Arbeiter*innen mit der zentralen Parole des Jina-Aufstands im Iran – „Frauen, Leben, Freiheit“ zusammen. Denn was in Rauch aufgehen und gesprengt werden muss, ist nichts weiter als der Kapitalismus samt dem damit verbundenen Patriarchat und Faschismus. Und was übrig bleiben und eine neue Lebensperspektive schaffen, sind Frauen, Leben und Freiheit. Daher glauben wir, dass der Kampf gegen den Kapitalismus im Iran in keinster Weise vom Kampf gegen die Islamische Republik getrennt ist.

In diesen Tagen haben wir auch den Mut und die Initiative der Arbeiter*innen im Iran – insbesondere der Projektarbeiter*innen in der Öl-, Gas- und petrochemischen Industrie – erlebt, die sich unter schwerstem repressiven Druck vereint haben, um entschlossen und zahlreich noch einmal eine Streikwelle zu initiieren. Viele von ihnen sind prekäre Arbeiter*innen, die weit entfernt von ihren Familien und unter rauen klimatischen Bedingungen die Schlüsselindustrien betreiben. Gleichzeitig  reproduzieren sie aber ihre eigene Arbeitskraft in überfüllten Schlafsälen und mit unzureichender und nutzloser Nahrung, ohne einen angemessenen Zugang zu Gesundheits- , Sicherheits-, Wohlfahrts- und Transporteinrichtungen zu haben. In diesen Streiks haben sie gegenüber Arbeitgeber*innen, Auftragnehmer*innen und der Regierung folgende Forderungen gestellt: etwa 80% Lohnerhöhung, Arbeitszeitverkürzung, Erhöhung der Sicherheit am Arbeitsplatz, das Recht auf zehn Ruhetage gegen zwanzig Arbeitstage (10/20- Kampagne) , Verbesserung der täglichen Lebensbedingungen, einschließlich Nahrung, Unterkunft, Gesundheit, Arbeitssicherheit  usw. Zweifellos sind ihre Kämpfe ein Teil des globalen Kontinuums der täglichen Kämpfe der Arbeiter*innen, um ihre erschöpfenden Arbeits- und Lebensbedingungen zu verbessern. Aber angesichts der strukturellen Unfähigkeit bzw. der Verweigerung des krisengeschüttelten Kapitalismus, die Rechte und Grundbedürfnisse der Arbeiter*innen zu erfüllen, können diese Kämpfe ein Teil des größeren Prozesses sein, der den Kapitalismus und seine einheimischen Wächter los werden soll, um den Menschen und die Natur zu befreien.

Um eine solche Perspektive zu stärken und das Recht auf Leben zurückzufordern, werden wir auch die Kämpfe dieser Arbeiter*innen und unserer anderen Genoss*innen mit all unserer Kraft unterstützen. Um unsere Solidarität mit den Arbeitskämpfen – vom Iran bis nach Frankreich und vom Sudan bis überall hin in dieser krisengeschüttelten Welt – auszudrücken, werden wir gemeinsamen am 1. Mai auf die Straße gehen. Schließt euch uns an!

Hoch lebe die Militanz und Solidarität der Arbeiter*innenbewegungen!

Hoch die internationale Solidarität der Arbeiter*innen und der revolutionären Kämpfe!

Gemeinsam bis zur Beseitigung des Unterdrückungs- und Herrschaftssystem des Kapitalismus!

Solidaritätsplattform von städtischen Kollektiven mit der iranischen Revolution
(Berlin, Paris, Manchester, Mailand, Göteborg, Brüssel, Bielefeld, Dortmund, Göttingen, Bremen, Frankfurt, Amsterdam, Venedig, Seattle)